Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Ausbildungsstätte für Psychotherapie. Verwaltungsaktbefugnis. Anspruch auf Zahlung des sogenannten Strukturzuschlages. Verzinsung
Orientierungssatz
1. Eine Verwaltungsaktbefugnis kann nicht vertraglich vereinbart werden.
2. Eine staatlich anerkannte Ausbildungsstätte für Psychotherapie, die eine Ausbildungsambulanz betreibt, hat einen Anspruch auf Zahlung des sogenannten Strukturzuschlages nach der Nr 35251 EBM-Ä (juris: EBM-Ä 2008).
3. Zur Verzinsung des Anspruch auf Zahlung des sogenannten Strukturzuschlages.
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2016 verurteilt, an die Klägerin 111,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9%-Punkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu 1/8, die Klägerin zu 7/8.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Abrechenbarkeit des so genannten Strukturzuschlages (EBM-Ziffern 35251-35253) für das Quartal IV/2014 i.H.v. 111,84 Euro.
Die Klägerin ist eine staatlich anerkannte Berliner Ausbildungsstätte für Psychotherapie gemäß § 6 Psychotherapeutengesetz (PsychThG), die eine Ausbildungsambulanz betreibt.
Mit Schreiben vom 22.12.2015 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten eine Nachvergütung für im Quartal IV/2014 in der Ambulanz erbrachte Leistungen geltend. Grundlage der begehrten Nachvergütung war der Beschluss des Bewertungsausschusses (BewA) vom 22.09.2015, in dem eine höhere Vergütung (Punktzahlerhöhung) der antrags-und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen sowie der Ansatz des so genannten Strukturzuschlages gemäß GOP Nrn. 35251 bis 35253 des EBM-Ä rückwirkend ab dem 01.01.2012 festgesetzt wurde. Mit Schreiben vom 25.02.2016 lehnte die Beklagte die begehrte Nachvergütung der Leistungen nach der EBM-Ziffer 35251 (Strukturzuschlag) ab. Der sich aus der Punkzahlerhöhung ergebende Nachvergütungsbetrag wurde dagegen unter Vorbehalt bezahlt.
Auf Stellungnahme der Klägerin hin, mit der diese an ihrer Auffassung festhielt, erließ die Beklagte - entsprechend der Regelung in § 6 der Vereinbarung nach § 120 SGB V über die Vergütung der Leistungen der Ambulanzen an den Ausbildungsstätten nach § 6 PsychThG (im Folgenden: Vereinbarung nach § 120 SGB V) - einen Widerspruchsbescheid mit Datum vom 24.03.2016, in dem sie die Zahlung des Strukturzuschlages weiterhin ablehnte. Es sei zunächst festzuhalten, dass die Situation der psychologischen Ausbildungsinstitute nicht mit der Situation psychotherapeutischer Praxen vergleichbar sei. Das durch den Bewertungsausschuss vorgeschriebene Verfahren hinsichtlich des Strukturzuschlages könne im vorliegenden Fall nicht eingehalten werden. Es gebe keine individuellen Zulassungsbescheide für in Ausbildung befindliche Therapeuten und damit auch keinen individuell zuzuordnenden Tätigkeitsumfang, der zur Ermittlung des individuellen Auslastungsgrades im Quartal aber zwingend erforderlich sei. Wegen der Direktabrechnung bestehe zudem keine Möglichkeit zur unabhängigen Ermittlung der kassenübergreifenden Leistungsmengen gemäß GOP Nrn. 35200 bis 35225 EBM-Ä je in Ausbildung befindlichem Therapeuten; die entsprechende Ermittlung wäre nur dem jeweiligen Ausbildungsinstitut möglich. Hinzu komme, dass der BewA in seinem Beschluss vom 22.09.2015 in Teil A unter Nr. 1.3 ausdrücklich die Hintergründe für die Aufnahme dieser Regelung dargelegt habe, nämlich die Praxissituation eines einzelnen niedergelassenen Psychotherapeuten. Bei Ausbildungsstätten bestehe gemäß § 6 PsychThG aber eine andere Praxisstruktur, es sei eine andere Infrastruktur vorhanden, als sie dem niedergelassenen Psychotherapeuten zur Verfügung stehe.
Am 25.04.2016 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, der Anspruch auf Vergütung des Strukturzuschlages ergebe sich allein aus der vertraglichen Regelung zwischen den Beteiligten. Nach § 4 Abs. 1 der Vereinbarung nach § 120 SGB V erfolge die Vergütung der erbrachten Leistungen als Einzelleistungsvergütung nach EBM. Die GOP Nr. 35251 EBM-Ä sei Teil des EBM. Ein Abrechnungsausschluss ergebe sich aus den Regelungen des EBM nicht. Der Beschluss des BewA sehe eine rückwirkende Änderung des EBM ab dem 01.01.2012 vor. Damit sei sie - die Klägerin - berechtigt, die Leistungen (auch) für das Quartal IV/2014 nachzuberechnen. Die Vergütung der Leistungen zu Gunsten der Versicherten der Beklagten bestimme sich allein nach der Vereinbarung. Auf den Inhalt des Beschlusses des BewA komme es deshalb nicht an. Der BewA sei auch gar nicht berechtigt, Regelungen zum Nachteil der Ausbildungsstätten gemäß § 6 PsychThG oder Regelungen zu Vergütungsvereinbarungen nach § 120 SGB V zu treffen. Soweit eine Partei der Vereinbarung der Auffassung sei, eine Einzelleistungsvergütung nach dem EBM erscheine nicht (mehr) angemessen, stehe es ihr frei, die Vereinbarung zu kündigen und über die Vergütung erneut zu verhandeln bzw. gg...