Entscheidungsstichwort (Thema)

Impfschaden. Berufsschadensausgleich. Richter. Festsetzung des Vergleichseinkommens. schädigungsbedingt verhinderter Aufstieg. Ruhen des Anspruchs auf Berufsschadensausgleich

 

Orientierungssatz

1. Bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs (BSA) eines Richters, der schädigungsbedingt aus dem Dienst ausgeschieden ist, das 50. Lebensjahr vollendet hat und ohne schädigungsbedingtes Ausscheiden voraussichtlich in die Besoldungsgruppe R 3 befördert worden wäre, ist die Besoldungsgruppe R 2 zu Grunde zulegen. Eine Einstufung nach der Besoldungsgruppe R 3 kann aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelungen nicht erfolgen.

2. Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht gemäß § 30 Abs 13 BVG der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs 1 S 1 BVG erzielten Mehrbetrags, und zwar der gesamte Mehrbetrag, ohne Berücksichtigung der Gründe, die zur Erhöhung der MdE geführt haben (vgl BSG vom 23.7.1970 - 8 RV 269/68) Eine Unterscheidung zwischen BSA wegen Verminderung des Einkommens und BSA wegen verhinderter Erhöhung des Einkommens nimmt das Gesetz nicht vor, insbesondere keine Differenzierung entsprechend der Erhöhungsgründe § 30 Abs 2 Buchst a bis c BVG.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.04.2005; Aktenzeichen B 9a/9 VJ 1/04 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten nach teilweiser Erledigung des Rechtsstreites noch im Rahmen eines Berufsschadensausgleiches (BSA) über die Frage der Bemessung des Vergleichseinkommens in eine höhere Besoldungsgruppe - BesGr - (R 3) ab dem frühest möglichen Zeitpunkt, (hilfsweise) um die Rechtmäßigkeit einer Ruhensanordnung nach § 30 Abs. 13 Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Der ... 1943 geborene Kläger erlitt durch eine Poliomyelitisimpfung am 8. Februar 1962 eine Schädigung (Kinderlähmung) im Sinne des Bundesseuchengesetzes (BSeuchG).

Nach dem Abitur 1964 konnte er schädigungsbedingt den angestrebten Beruf eines katholischen Priesters nicht verwirklichen. Da schädigungsbedingt zunächst auch kein Studium in Betracht kam, absolvierte er zunächst von September 1964 bis März 1968 eine Verwaltungslehre für den gehobenen Dienst, dann ein Jurastudium von April 1968 bis Februar 1975. Nach dem Referendariat von Mai 1975 bis Februar 1978 trat er im Juni 1978 seinen Dienst als Richter auf Probe bei dem Landgericht Berlin an und wechselte nach ca. einem Jahr an das Sozialgericht Berlin. Nach einer erfolgreichen Erprobung 1986/87 wurde er im Dezember 1991 zum Richter am Landessozialgericht Berlin ernannt. Zum Jahreswechsel 1992/1993 verschlimmerte sich sowohl der schädigungsbeeinträchtigte als auch der allgemeine Gesundheitszustand des Klägers. Ein ab Juli 1993 als Schädigungsfolge anerkannten Postpoliosyndroms verschlimmerte sich trotz einer Kur 1997 weiter. Nach einer weiteren erfolglosen Kur im Jahre 2000 wurde der Kläger schädigungsbedingt zum 1. Januar 2001 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Dem Kostenfestsetzungsbescheid vom 17. Januar 2001 legte das Landesverwaltungsamt B die Endstufe der maßgebenden BesGr R2 zugrunde.

Mit (erstem endgültigem) Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes B vom 29. September 1972 wurde als Folge der Schädigung im Sinne des Bundesseuchengesetzes (BSeuchG) eine "Schwäche und Lähmungserscheinungen des körpernahen Anteils des rechten Armes" bei einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 vom Hundert (v. H.) nach § 30 Abs. 1 BVG anerkannt, die Frage einer besonderen beruflichen Betroffenheit und eines Berufsschadensausgleiches einer gesonderten Prüfung vorbehalten. Durch Abhilfebescheid des Versorgungsamtes B vom 23. Oktober 1973 wurde die Schädigungsfolge als "Lähmung der rechtsseitigen Schultermuskulatur und des rechten zweiköpfigen Oberarmmuskels mit Inaktivitätsatrophie im Unterarm und Handbereich" erweitert, mit weiterem Teilabhilfebescheid des Versorgungsamtes B vom 19. September 1974 als "Lähmung der rechtsseitigen Schultermuskulatur und des rechten zweiköpfigen Oberarmmuskels. Muskelschwund im Bereich des rechten Unterarmes und der rechten Hand (infolge Schädigung des peripher-motorischen Neuron)" jeweils bei gleicher MdE. Durch Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes B vom 7. November 1974 wurde der Widerspruch im übrigen zurückgewiesen. Dagegen erhob der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Berlin zu Aktenzeichen S 45 VJ 35/75.

Mit Ausführungsbescheid des Versorgungsamtes B vom 9. Januar 1978 auf das in diesem Verfahren ergangene Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. Oktober 1976 zum Aktenzeichen S 45 VJ 35/75 wurde die zuletzt anerkannte Schädigungsfolge um "Leichte statische Beeinflussung der Halswirbelsäule" erweitert bei einer MdE von weiterhin 50 v.H.

Mit Bescheid des Versorgungsamtes B vom 16 Januar 1978 wurde von Amts wegen und im Anschluß an den Bescheid vom 29. September 1972 die Höherbewertung der MdE gem. § 30 Abs. 2 und die Gewährung von BSA gem. § 30 Abs. 3 und 4 BVG abgelehnt, der dagegen wegen schädigu...

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