Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. unterschiedliche Vergütung der neuropsychologischen Leistungen

 

Leitsatz (amtlich)

Zur unterschiedlichen Vergütung der neuropsychologischen Leistungen (GOP 30932 EBM) (juris: EBM-Ä 2008) im Vergleich zu den Leistungen nach Kapitel 35.2. EBM.

 

Tenor

Beklagte wird verurteilt, unter Abänderung des Honorarbescheides für das Quartal III/2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2019 das Honorar der Klägerin für das Quartal III/2017 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung neuropsychologischer Leistungen in den Quartalen I/2016 und III/2017. Konkret geht es um die Höhe der Bewertung der GOP 30932 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) (neuropsychologische Einzelbehandlung) sowie die Berücksichtigung neuropsychologischer Leistungen beim sog. Strukturzuschlag (für das Quarta I/2016 GOP 35251 EBM, für das Quartal III/2017 GOP 35571 EBM).

Die Klägerin nimmt seit dem 01.10.2013 im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung als Psychologische Psychotherapeutin an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung teil. Sie ist ausschließlich berechtigt, Leistungen der neuropsychologischen Therapie gemäß Abschnitt 30.11 EBM zu erbringen und abzurechnen.

Mit Beschluss vom 24.11.2011, in Kraft getreten zum 24.02.2012, erkannte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die neuropsychologische Therapie als im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erstattungsfähige Untersuchungs- und Behandlungsmethode an und nahm sie in Anlage I Nr. 19 der Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung, im Folgenden: MVV) auf. Mit Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses (EBewA) in der 291. Sitzung erfolgte die Aufnahme der neuropsychologischen Leistungen in den Leistungskatalog des EBM mit Wirkung zum 01.01.2013 unter dem Abschnitt 30.11. EBM. Die neuropsychologischen Einzeltherapie nach der GOP 30932 EBM wurde - ebenso wie die Einzeltherapie nach dem 35.2. Kapitel EBM - mit 2315 Punkten bewertet. Mit Beschluss des EBewA vom 22.09.2015 erfolgte die Höherbewertung der Leistungen des Kapitels 32.2 EBM rückwirkend ab dem 01.01.2012 (mit 2375 Punkten bis 30.09.2013 und ab 01.10.2013 mit 841 Punkten). Eine Höherbewertung der Leistungen des Abschnitts 30.11 EBM wurde nicht vorgenommen. Es verblieb insoweit bei den zwischenzeitlich festgesetzten 819 Punkten. Darüber hinaus wurde mit dem Beschluss vom 22.09.2015 eine Zuschlagsziffer für die Leistungen nach Kapitel 35.2 EBM (sog. Strukturzuschlag: GOP 35251 EBM) eingeführt.

Mit Beschluss vom 29.03.2017 wurden mit Wirkung zum 01.04.2017 neue Leistungen in den EBM aufgenommen. Dabei handelte es sich um die psychotherapeutische Sprechstunde (GOP 35151 EBM) und die psychotherapeutische Akutbehandlung (GOP 35152 EBM). Die Bewertung dieser Leistungen wurde mit 406 Punkten festgesetzt. Zudem wurden die beiden neuen Leistungen bei der Berechnung des Strukturzuschlages (GOP 35571 EBM) berücksichtigt. Mit Beschluss vom 23.04.2019 erfolgte eine erneute (auch rückwirkende) Erhöhung der Bewertung der Leistungen nach dem Kapitel 35.2 EBM. In Teil C des Beschlusses wurden die neuropsychologischen Leistungen - allerdings erst mit Wirkung zum 01.01.2019 - ebenfalls höher, nun wieder gleich wie die entsprechenden Leistungen aus dem Kapitel 35.2 EBM, bewertet. Zudem wurden die GOP 30932 und 30933 mit Wirkung zum 01.01.2019 bei der Berechnung des Strukturzuschlages berücksichtigt (GOP 35571 und 35572 EBM).

Die Klägerin erhob gegen die Honorarfestsetzungsbescheide für die Quartale I/2016 und III/2017 Widerspruch. Dass die neuropsychologische Einzeltherapie (GOP 30932 EBM) nicht auch höher bewertet worden sei, wie die entsprechende Leistung des Kapitels 35.2 und dass die Abrechnung der GOP 30932 EBM nicht beim Strukturzuschlag zu berücksichtigen sei, verstoße zum einen gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, den das BSG direkt aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG herleite. Dieser habe im Fall der Erbringung psychotherapeutischer Leistungen seine Ausprägung in § 87b Abs. 2 S. 4 und § 87 Abs. 2c S. 6 SGB V gefunden. Entsprechend seien auch für die neuropsychologischen Leistungen eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten. Dass die der Honorierung zugrunde liegende Bewertung der GOP 30932 EBM nicht angemessen sei, ergeben sich schon aus dem Vergleich der Vergütung der Leistungen nach dem Kapitel 35.2 EBM. Zum anderen habe der BewA bei der Bewertung der EBM-Leistungen auch grundsätzlich, d.h. nicht nur bei der Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen, den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten (Verweis auf ...

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