Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruchsmindernde Berücksichtigung kostenlos gewährter Verpflegung auf die Regelleistung des § 20 SGB 2
Orientierungssatz
1. Während der stationären Unterbringung in einer Reha-Maßnahme dem SGB 2 Leistungsempfänger kostenlos gewährte Verpflegung ist als anzurechnendes Einkommen anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Diese ist Einkommen i. S. von § 11 SGB 2.
2. Die kostenlose Verpflegung ist als Einnahme in Geldeswert berücksichtigungspflichtiges Einkommen. Den dem Leistungsempfänger erbrachten Verpflegungsmitteln steht eine Kostenersparnis gegenüber, weil dieser seine Verpflegung während des stationären Aufenthaltes nicht aus der Regelleistung bestreiten muss.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 12. August 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Oktober 2005 wird abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 14. September 2005 bis einschließlich 12. Oktober 2005 weitere 60,29 Euro zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte erstattet dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zur Hälfte.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die dem Kläger kostenlos gewährte Verpflegung während einer stationären Unterbringung im Rahmen einer Reha-Maßnahme anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist.
Der am 14. August 1970 geborene Kläger bezog durch die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II). Er befand sich in der Zeit vom 14. September 2005 bis einschließlich 12. Oktober 2005 zu einer stationären Reha-Maßnahme in Soltau. Mit Änderungsbescheid vom 12. August 2005 bewilligte die Beklagte für September 2005 Leistungen in Höhe von 544,49 €, wobei sie für 17 Tage des stationären Aufenthaltes 68,57 € als Einkommend anspruchsmindernd anrechnete. Für Oktober 2005 gewährte sie 564,66 € und berücksichtigte Einkommen in Höhe von 48,30 € für 12 Tage des stationären Aufenthalts. Für November 2005 bewilligte sie 613,06 €. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06. Oktober 2005 zurückgewiesen. Der Kläger hat am 14. Oktober 2005 Klage erhoben.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 12. August 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Oktober 2005 abzuändern,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 14. September 2005 bis einschließlich 12. Oktober 2005 weitere 116,87 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der den Kläger betreffende Verwaltungsvorgang der Beklagten lag der Kammer vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Akten sowie die Sitzungsniederschrift vom 12. Oktober 2007 ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfange begründet, im Übrigen unbegründet.
Der Änderungsbescheid der Beklagten vom 12. August 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Oktober 2005 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat die kostenlos gewährte Verpflegung des Klägers während der stationären Unterbringung zu Recht als Einkommen anspruchsmindernd berücksichtigt. Rechtsfehlerhaft hingegen hat sie von dem Einkommen in den Monaten September und Oktober 2005 keine Versicherungspauschale in Höhe von monatlich 30,-- € abgezogen. Ausgehend von einem Regelsatzanteil in Höhe von 38,41 % für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren ist die in Ansatz gebrachte relative Kürzung des Regelsatzes in Höhe von 35 % nicht zu beanstanden. Dies entspräche einem monatlichen Betrag in Höhe von 120,75 € (35 % von 345,00 €) bzw. einem täglichen Anteil in Höhe von 4,02 € (120,75 € : 30). Im September 2005 befand sich der Kläger 17 Tage in stationärer Behandlung, so dass ein Kürzungsbetrag in Höhe von 68,34 € (17 x 4,02 €) abzüglich der Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 €, mithin 38,34 €, anzurechnen sind. Im Oktober 2005 befand sich der Kläger 12 Tage in der stationären Reha-Maßnahme, was einem anzurechnenden Betrag von 18,24 € (12 x 4,02 = 48,24 € abzüglich 30,00 €) entspricht. Insgesamt anrechenbar sind somit 56,58 € (38,34 € zuzüglich 18,24 €). Da die Beklagte insgesamt 116,87 € anrechnete, besteht ein Anspruch des Klägers auf Nachzahlung in Höhe von 60,79 € (116,87 € abzüglich 56,58 €).
Die kostenlose Verpflegung, die der Kläger während des stationären Reha-Aufenthaltes in Soltau erhalten hat, ist Einkommen im Sinne des § 11 SGB II. Als Einkommen sind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Die in § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II genannten Ausnahmen, bei denen Einnahmen nicht zu berücksichtigen sind, liegen nicht vor. Die kostenlose Verpflegung ist als Einnahme in Geldeswert im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzusehen. Unter diese Regelung fallen auch Naturalleistungen, wie die freie Verpf...