nicht rechtskräftig

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.12.2004; Aktenzeichen B 12 KR 16/04 R)

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 28. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2004 wird aufgehoben. 2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Kündigungsbestätigung auszustellen. 3. Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Verfahrens zu erstatten. 4. Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um das Bestehen eines Sonderkündigungsrechts gemäß § 175 Absatz 4 Satz 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V).

Der Kläger ist seit 01. März 2004 bei der Beklagten freiwillig gesetzlich krankenversi-chert. Davor war er Mitglied der BKK Mobil Oil. Die Antragsgegnerin war aus der BKK Passavant hervorgegangen. Ihren Namen Taunus BKK behielt sie sowohl nach der Fusion mit der Forum-BKK zum 01. Oktober 2003 als auch mit der BKK Hamburg-Mannheimer zum 01. Januar 2004 bei. Bis zum 31. März 2004 betrug der Beitragssatz (nach zuvor 11,9 %) 12,8 %. Zum 01. April 2004 fusionierte die Antragsgegnerin mit der BKK der Stadt Braunschweig und be-hielt weiter ihren Namen bei. Ab 01. April 2004 beträgt der Beitragssatz 13,8 %.

Mit Schreiben vom 15. April 2004 kündigte der Kläger die Mitgliedschaft bei der Be-klagten, um zu einer anderen Krankenkasse wechseln zu können. Mit Bescheid vom 28. April 2004 wies die Beklagte die Kündigung zurück. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2004 zurück. Zur Be-gründung führte sie unter anderem aus, dass ein Sonderkündigungsrecht gemäß § 175 SGB V aufgrund einer Beitragserhöhung für den Kläger nicht vorliege, da durch die Fusion der Taunus BKK mit der BKK der Stadt Braunschweig eine neue Krankenkasse entstanden sei und ein neuer Beitragssatz festgelegt worden sei. Der Kläger sei deshalb an die in § 175 Absatz 1 Satz 1 SGB V festgelegte 18-Monats-Frist gebunden.

Dagegen hat der Kläger am 1. Juni 2004 Klage beim Sozialgericht Braunschweig erhoben. Er habe ein Sonderkündigungsrecht, weil unstreitig eine Beitragssteigerung im Sinne von § 175 Absatz 4 Satz 5 SGB V vorgenommen worden sei. Dies gelte auch, wenn eine Fusion zweier Krankenkassen erfolgt und eine neue Krankenkasse entstanden sei.

Der Kläger beantragt, 1. den Bescheid der Beklagten vom 28. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2004 aufzuheben, 2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Kündigungsbestätigung aus-zustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Der Kläger habe keinen An-spruch auf Ausstellung einer Kündigungsbestätigung nach § 175 Absatz 4 Satz 3 SGB V, da die Voraussetzungen für das Ausstellen einer solchen Kündigungsbestätigung nicht vorlägen. Er berufe sich zu Unrecht auf das Sonderkündigungsrecht nach § 175 Absatz 4 Satz 5 SGB V. Durch die Vereinigung/Fusion der ursprünglichen Taunus-BKK mit der BKK der Stadt Braunschweig zum 01. April 2004 seien diese Krankenkassen mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung geschlossen (§ 150 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 144 Absatz 4 Satz 1 SGB V). Gleichzeitig würden die bishe-rigen Satzungsbestimmungen - und somit auch die bis dahin geltendenden Beitragssätze - außer Kraft treten. Eine Erhöhung der Beitragssätze könne nicht mehr stattfin-den. Für die rechtlich aus der Fusion am 01. April 2004 aus den beiden Vorgänger-krankenkassen neu entstandene Taunus BKK (die Beklagte) sei originär und erstmalig ein Beitragssatz festgesetzt und vom Bundesversicherungsamt genehmigt worden, ohne dass ein Bezug zu den ehemaligen Beitragssätzen der früheren Krankenkassen bestehe. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass es nicht zu einer Namensände-rung der neuen Taunus BKK gekommen sei. In rechtlicher Hinsicht sei eine neue Krankenkasse entstanden, die am 01. April 2004 erstmalig einen Beitragssatz festgesetzt habe. Dieser Umstand stehe dem eindeutigen Wortlaut des § 175 Absatz 4 Satz 5 SGB V entgegen, wonach die Geltendmachung des Sonderkündigungsrechts eine Erhöhung des Beitragssatzes voraus setze. Zwar sei es richtig, dass bei einer Kassen-vereinigung die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkasse auf den neuen Versicherungsträger übergingen. Das gelte aber nur für solche Rechte und Pflichten, die bereits bei der vorherigen Krankenkasse bestanden hätten. Ein Sonderkündigungs-recht habe jedoch gerade nicht bestanden, da die bis zum 31. März 2004 existierende ursprüngliche Taunus BKK ihren Beitragssatz nicht angehoben habe. Auch gebe es weder ein Recht auf Übergang des alten Beitragssatzes in die durch die Fusion entste-hende neue Krankenkasse noch eine zeitliche Beitragssatzgarantie. Hinzu komme, dass der Gesetzgeber mit Absicht kein Sonderkündigungsrecht von Versicherten bei einer gleichzeitigen Fusion von Krankenkassen vorgesehen habe. Fusionen unter Krankenkassen seien politisch erwünscht. Trotz Kenntnis der hier strittigen Problematik habe der Gesetzgeber bei meh...

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