Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderungsanspruch des Rentenversicherungsträgers gegenüber einem Geldinstitut bei Rentenüberweisung nach dem Tod des Rentenempfängers. Verfügung Dritter. Sparbuch. Entreicherungseinwand. Geldinstitut. Voraussetzungen

 

Orientierungssatz

1. Der Rücküberweisungsanspruch des Rentenversicherungsträgers erlischt, soweit der Entreicherungseinwand eingreift, denn gemäß § 118 Abs 3 S 3 SGB 6 besteht die Verpflichtung zur Rücküberweisung nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann (vgl BSG vom 4.8.1998 - B 4 RA 72/97 R = BSGE 82, 239 = SozR 3-2600 § 118 Nr 3 und BSG vom 13.12.2005 - B 4 RA 28/05 R = SozR 4-2600 § 118 Nr 2).

2. Durch Vorlage des Sparbuches des verstorbenen Versicherten und Abhebungen von Geldbeträgen durch Dritte sind grundsätzlich die Voraussetzungen für den Entreicherungseinwand, dass der Wert der überwiesenen Geldleistungen nicht im Vermögen des Geldinstituts geblieben ist, gegeben.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.02.2009; Aktenzeichen B 13 R 87/08 R)

 

Tenor

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert von 743,67 €.

3.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rückforderung von 743,67 € im Falle einer unter Vorbehalt auf ein Sparkonto bei der Beklagten gezahlten Rente.

Die Klägerin gewährte ihrem ... 2005 verstorbenen Versicherten J H eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer in Höhe von netto 1.032,52 € monatlich, abzüglich eines monatlichen Einbehaltes von 284,- € zu Gunsten des Jugendamtes B für Unterhaltsleistungen

Die monatlichen Rentenbeträge in Höhe von 748,52 € überwies sie auf ein Sparkonto des Versicherten (...) bei der Beklagten.

Am 27.4.2005 erfuhr die Klägerin durch eine Mitteilung des Amtes für Soziale Dienste, dass der Versicherte am ... 2005 verstorben sei. Sie stellte die Rentenzahlung zum Juni 2005 ein, wodurch sich eine Rentenüberzahlung für den Monat Mai 2005 in Höhe von 748,52 € ergab.

Mit Schreiben vom 20.7.2005, das am 22.7.2005 bei der Beklagten einging, bat die Klägerin um Rückzahlung gemäß § 118 Abs. 3 SGB VI der wegen des Todes des Versicherten zu Unrecht gezahlten Rente für Monat Mai 2005 unter Benennung des Kontos, des Namens des Zahlungsadressaten, Todeszeitpunktes sowie Art, Höhe und Bezugszeitraum der Geldleistung.

Die Beklagte verwies mit Antwortschreiben vom 22.7.2005 darauf, dass keine Rückzahlung erfolgen könne, weil kein ausreichendes Guthaben vorhanden sei.

Im Zeitpunkt der Gutschrift der überzahlten Geldleistung am 14.4.2005 habe der Kontostand 794,42 € betragen.

Am 22.4.2005 sei unter Vorlage des Sparbuches ein Betrag von 40 € und am 25.4.2005 unter Vorlage des Sparbuches ein Betrag von 750 € abgehoben worden, sodass bei Eingang der Rückforderung am 22.7.2005 noch ein Betrag von 4,42 zur Verfügung gestanden habe. Welche Person(en) die Auszahlungen mit Vorlage des Sparbuches erwirkte(n), lasse sich nicht nachvollziehen.

Mit Schreiben vom 3.11.2005 an die Beklagte vertrat die Klägerin den Standpunkt, die Beklagte habe Verfügungen von nicht kontoführungsberechtigten Dritten zugelassen, die keine rückzahlungsmindernden Verfügungen darstellten und forderte nochmals zur Rückerstattung der überzahlten Rente auf.

Die Beklagte entgegnete mit Schreiben vom 30.11.2005, sie sei bei Verfügungen von Sparkonten - wie hier - aufgrund der Legitimationswirkung des Sparbuches berechtigt, Auszahlungen bis zu einem Betrag von 2.000 € mit schuldbefreiender Wirkung und ohne Legitimationsprüfung an den Vorlegenden des Sparbuches vorzunehmen.

Das Restguthaben in Höhe von 4,85 € sei zwischenzeitlich rücküberwiesen worden.

Mit ihrer am 23.2.2006 erhoben Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des Betrages in Höhe von 743,67 € und vertritt weiter den Standpunkt, dass keine kontoverfügungsberechtigte Person die Abhebungen vom Sparbuch vorgenommen habe - jedenfalls habe die Beklagte keine solche benennen können, weshalb die Beklagte nicht entreichert sei. Das Sparbuch - als sog. hinkendes Inhaberpapier - benenne den Gläubiger und werde mit der Bestimmung ausgegeben, dass der Aussteller (Geldinstitut) aufgrund der Vorlage des Buches zur Leistung an den Inhaber nicht verpflichtet, sondern lediglich berechtigt sei (§ 808 Abs. 1 BGB).

Gegenüber dem Gläubiger könne mit schuldbefreiender Wirkung an jeden, der das Sparbuch vorlege, ein bestimmter (begrenzter) Betrag ausgezahlt werden. Der wahre Gläubiger bleibe aber immer die im Sparbuch eingetragene Person. So hätten die Auszahlung mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber dem Gläubiger einerseits und der Einwand der Entreicherung i. S. des § 118 Abs. 3 SGB VI nichts miteinander zu tun, weil dieser Einwand voraussetze, dass an eine berechtigte Person ausgezahlt wurde, weil nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 118 Abs. 3 SGB VI es sich bei den 'and...

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