Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsausbildungsbeihilfe. Unterhaltspflicht der Eltern nach Abbruch zweier Ausbildungen
Orientierungssatz
1. Es liegt auch dann eine Erstausbildung vor, wenn sowohl ein Studium nach erfolgreichem Abschluss des Abiturs abgebrochen wurde und/oder eine nachfolgende Ausbildung nicht beendet wurde.
2. Der Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern ist in einem solchen Fall nur dann verwirkt, wenn sie mit einer Fortsetzung der Ausbildung ihrer Tochter nicht rechnen mussten.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten der Parteien sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) ab 1.7.2010.
Die am 00.0.1987 geborene Klägerin betreute zunächst nach dem Abitur ihre am 11.8.2005 geborene Tochter L. und brach ihr im Jahr 2007 aufgenommenes Studium 2008 ab. Am 1.9.2008 begann sie eine Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten in D.., die bis 31.3.2011 andauern sollte.
Am 7.7.2008 beantragte sie BAB bei der Beklagten. Nach dem Berufsausbildungsvertrag erhielt die Klägerin eine Vergütung von 410,-- € im 1. Ausbildungsjahr, von 515,-- € im 2. Ausbildungsjahr und 565,-- € im 3. Ausbildungsjahr. Sie legte einen Untermietvertrag ab 15.8.2008 mit einem Mietzins von 340,-- € für die gesamte Wohnung vor. Die Eltern der Klägerin waren bis August 2011 für die in Ausbildung befindliche Schwester der Klägerin, geboren am 0.0.1990, unterhaltspflichtig. Die Eltern erzielten 2006 Einkünfte in Höhe von 26.446,-- € und 28.760,-- €.
Mit Bescheid vom 11.8.2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf BAB ab.
Der Klägerin stünden die für ihren Lebensunterhalt und für ihre Berufsausbildung erforderlichen Mittel anderweitig zur Verfügung.
Dagegen erhob die Klägerin am 27.8.2008 Widerspruch. Bei der Berechnung sei ihre Tochter und die Unfallversicherung nicht berücksichtigt worden.
Mit Bescheid vom 21.11.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die Unfallversicherung und ein Freibetrag für ihre Tochter könnten nicht berücksichtigt werden.
Am 13.7.2010 beantragte die Klägerin erneut BAB für eine Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten von November 2008 bis November 2011 in T. Nach dem Berufsausbildungsvertrag erhielt die Klägerin eine Vergütung von 400,-- € im 1. Ausbildungsjahr, von 441,30 € im 2. Ausbildungsjahr und 485,20 € im 3. Ausbildungsjahr. Nach dem vorgelegten Mietvertrag kostete die ab 1.11.2010 angemietete Wohnung 409,80 €. Hierzu gab sie an, dass sie die Wohnung mit ihrem Freund und ihrer Tochter bewohnen würde. Die Eltern der Klägerin erzielten 2008 Einkünfte in Höhe von 27.174,-- € und 32.385,-- €.
Für die Zeit vom 1.7.2010 bis 2.11.2011 berücksichtigte die Beklagte einen Gesamtbedarf der Klägerin von 545,90 €, für Pendelfahrten zur Ausbildungsstätte/Berufsschule 182,-- und für Arbeitskleidung 12,-- €, insgesamt 739,90 €. Als Einkommen berücksichtigte sie 378,85 € Ausbildungsvergütung und anzurechnendes Einkommen der Eltern in Höhe von 740,54 €.
Danach überstieg das zu berücksichtigende Einkommen von 1.119,39 € den Bedarf von 739,90 €.
Mit Bescheid vom 11.8.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf BAB ab.
Der Klägerin stünden die für ihren Lebensunterhalt und für ihre Berufsausbildung erforderlichen Mittel anderweitig zur Verfügung.
Dagegen erhob die Klägerin am 10.9.2010 Widerspruch. Sie gehe davon aus, dass das angesetzte Einkommen ihrer Eltern fehlerhaft sei.
Am 19.9.2010 teilte sie der Beklagten mit, dass ihr Freund am 12.9.2010 aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen war.
Die Beklagte berücksichtigte ab 12.9.2010 einen erhöhten Bedarf von 559,-- € und einen Gesamtbedarf von 753,-- €.
Mit Schreiben der Klägerin vom 23.11.2010, bei der Beklagten eingegangen am 23.11.2010 um 16.30 Uhr , vertrat sie die Auffassung, bereits der Bedarf sei zu niedrig festgestellt worden. Die Klägerin habe keinen Unterhaltsanspruch gegen ihre Eltern, sodass das Einkommender Eltern nicht zu berücksichtigen sei.
Die Beklagte stellte dazu fest, dass der Widerspruchsbescheid am 19.11.2010 erstellt wurde und die Widerspruchsbegründung verspätet erfolgt sei, nachdem die Beklagte am 20.10.2010 eine Frist zur Begründung des Widerspruchs bis 3.11.2010 gesetzt hatte.
Mit Bescheid vom 24.11.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Die Berechnung sei zutreffend. Eine weitere Begründung sei nicht erfolgt.
Die Klägerin erhob am 22.12.2010 Klage zum Sozialgericht Chemnitz.
Sie trägt vor, ihre Eltern seien ihr nicht zum Unterhalt verpflichtet. Sie führe seit längerem einen eigenen Haushalt, habe mehrere Ausbildungen abgebrochen und sei Mutter einer Tochter.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 11.8.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Berufsausbildungsbeihilfe für ihre Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten ohne Berücksichtigung des Einkommens ihrer Eltern nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der ...