Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sonderbedarf. Wohnungserstausstattung. Selbstbeschaffung. verspätete Antragstellung

 

Orientierungssatz

Beschafft ein Leistungsberechtigter Gegenstände der Wohnungserstausstattung ohne anzuerkennende Notlage selbst und stellt erst nach dem Anschaffungszeitpunkt einen entsprechenden Leistungsantrag, so vereitelt er die Ermessensausübung des Grundsicherungsträgers hinsichtlich der Frage der Gewährung von Sach- oder (pauschaler) Geldleistung. In einem solchen Fall besteht gemäß § 24 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2 kein Anspruch auf die Erstattung bzw Übernahme der im Rahmen der Selbstbeschaffung angefallenen Kosten. Dies gilt jedenfalls, wenn keine Anhaltspunkte für eine Ermessensreduktion auf Null vorliegen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch – (SGB II).

Der Kläger reiste im Februar 2012 aus dem Iran nach Deutschland. Zunächst lebte er, gemeinsam mit seiner Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern, in Berlin. Die Bedarfsgemeinschaft stand bereits in Berlin im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Im Sommer 2012 fasste die Familie den Entschluss, wegen einer Arbeitsstelle, die der Kläger in A-Stadt gefunden hatte, dorthin umzuziehen. Der Kläger mietete zu diesem Zweck ab dem 01.09.2012 eine Wohnung in der A-Straße an. Am 03.09.2012 stellte er für sich und die übrigen Familienmitglieder einen Antrag auf laufende Leistungen bei der Beklagten, die durch Bescheid vom 18.09.2012 ab dem 01.09.2012 bewilligt wurden.

Der Kläger stellte schriftlich am 27.09.2012 bei der Beklagten einen Antrag auf Wohnungserstausstattung. Die Familie sei erst im Februar nach Deutschland gekommen und verfüge derzeit nur über eine unvollständige Wohnungseinrichtung. Sie habe vom Jobcenter in Berlin keine entsprechenden Leistungen erhalten. Der Kläger fügte ein Verzeichnis diverser benötigter Einrichtungsgegenstände bei. Das Jobcenter in Berlin bestätigte durch Schreiben vom 15.10.2012, dass die Familie von dort keine Leistungen für eine Erstausstattung erhalten hatte. Am 06.11.2012 fand daraufhin ein Hausbesuch des Ermittlungsaußendienstes in der neuen Wohnung statt, der zum Ergebnis hatte, dass die Wohnung im Wesentlichen voll eingerichtet war. Der Kläger gab in diesem Rahmen an, dass die Familie in Berlin nur eine Ein-Zimmer-Wohnung bewohnt habe. Der Antrag wurde durch Bescheid vom 07.11.2012 abgelehnt. Die Familie verfüge bereits über alle notwendigen Einrichtungsgegenstände.

Der Kläger legte am 27.11.2012 Widerspruch ein. Er begründete diesen damit, er habe sich Geld ausleihen müssen, um für seine Kinder notwendige Möbelstücke anzuschaffen. Es sei nicht möglich gewesen, eine Entscheidung der Beklagten abzuwarten, da die Wohnung sonst nicht bewohnbar gewesen wäre. Er legte eine Rechnung und eine Quittung der Fa. D. A-Stadt vor, wonach er dort am 31.08.2012 ein Jugendzimmer sowie einen Federholzrahmen sowie einige andere Hausratsgegenstände für insgesamt 530,05 € erworben und sogleich bezahlt hat. Weiter reichte er eine Rechnung der Fa. E. GmbH über 189 € für die Lieferung und Montage des Jugendzimmers am 04.09.2012 ein. Schließlich kam eine undatierte Rechnung eines Herrn F. zur Vorlage, worin dieser den Verkauf einiger Einrichtungsgegenstände für einen Gesamtpreis von 650 € bestätigte. Die Beklagte fragte bei Herrn F. telefonisch nach und erhielt die Auskunft, die Sachen seien am 15.09.2012 an die Familie geliefert worden. Durch Bescheid vom 24.06.2013 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Der Antrag auf die Leistungen für Wohnungserstausstattung sei erst gestellt worden, nachdem der Bedarf bereits gedeckt worden war. Eine Übernahme von Schulden aus SGB II – Mitteln sei nicht möglich.

Der Kläger hat am 26.07.2013 Klage beim Sozialgericht Darmstadt erhoben.

Er trägt vor, der Antrag auf Erstausstattung sei rechtzeitig gestellt worden. Die Antragstellung am 27.09.2012 wirke auf den Ersten des Monats zurück. Die Möbel seien sämtlich erst im September geliefert worden. Wann er den Kaufvertrag mit Herrn F. genau geschlossen habe, könne er nicht mehr genau sagen. Zudem sei es wegen der kleinen Wohnung in Berlin von vornherein klar gewesen, dass zusätzliche Möbel benötigt würden. Die Beklagte habe ihn auf das Erfordernis einer gesonderten Antragstellung hierfür hinweisen müssen.

Er beantragt,

den Bescheid vom 07.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Erstausstattung für seine Wohnung in Höhe der Beträge zu gewähren, die sich aus den Rechnungen des Herrn F. (Bl. 139 der Leistungsakte) der Firma D. (Bl.133 der Leistungsakte) und der Firma E. GmbH (Bl. 130 der Leistungsakte) ergeben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, entscheidend für die Frage einer Bedarfsdeckung vor Antragst...

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