Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung. Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge. Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung. Verwendung von Beitragsmitteln. Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit an den Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Form eines Eingliederungsbeitrags nach § 46 Abs 4 SGB 2. Verfassungsmäßigkeit. Rechtsschutzbedürfnis. Zulässigkeit der Klage
Orientierungssatz
1. Das Gebot eines effektiven Rechtsschutzes verlangt, dass auch eine Überprüfung der Beitragspflicht bzw - wie hier- der Rechtmäßigkeit bereits geleisteter Beiträge möglich sein muss (vgl ua BVerfG vom 02.08.2010 - 1 BvR 2393/08).
2. Die Erhebung der Arbeitgeber-Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nach §§ 341ff SGB 3 ist nicht dadurch zu Unrecht erfolgt, dass mit den Beitragseinnahmen auch der Eingliederungszuschuss nach § 46 Abs 4 SGB 2 finanziert wird und ohne diesen der Beitragssatz niedriger ausgefallen wäre.
3. Die Regelung in § 46 Abs 4 SGB 2 idF vom 22.12.2007, nach der die Bundesagentur für Arbeit als Trägerin der Arbeitslosenversicherung und Mitverantwortliche für den Arbeitsmarkt an den Kosten von Eingliederungsmaßnahmen einschließlich der darauf entfallenden Verwaltungskosten zu beteiligen ist, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
3. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rückzahlung vermeintlich zu Unrecht entrichteter Teilbeträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 126,25 € nebst Zinsen, wobei die Klägerin die Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 46 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) geltend macht.
Die Klägerin beschäftigte im Jahr 2008 unter anderem die Arbeitnehmerin Frau G., die daraus im ganzen Jahr ein Einkommen iHv. 40.906 € erzielt hatte. Dafür hat die Klägerin als Arbeitgeberin einen Anteil iHv. 1,65 Prozent (1/2 von 3,3%), also 666,21 € als Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung entrichtet. Darunter entfällt ein prozentualer Anteil iHv. 18,95 % auf den in § 46 Abs. 4 SGB II geregelten Eingliederungsbeitrag, mit dem die Bundesagentur für Arbeit verpflichtet wird, diesen Teil an den Bund zur Mitfinanzierung der Leistungen nach dem SGB II zu leisten.
Mit Schreiben vom 12.09.2008 beantragte die Klägerin die Rückzahlung des auf diesen Eingliederungsbeitrag entfallenden Anteils, da dieser ihrer Ansicht nach zu Unrecht geleistet worden sei. Denn sie hält die gesetzliche Regelung, wonach sich die Bundesagentur für Arbeit an der Finanzierung von Leistungen nach dem SGB II zu beteiligten hat, für verfassungswidrig. Den Antrag wies die Beklagte mit Bescheid vom 02. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2009 mit der Begründung zurück, dass sie aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Vorgaben verpflichtet sei, den entsprechenden Beitrag zur Arbeitslosenversicherung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber iHv. damals 3,3% des Bruttolohnes einzufordern und an die Bundesagentur für Arbeit abzuführen.
Hiergegen richtet sich die am 04.09.2009 beim hiesigen Gericht erhobene Klage, in deren Verlauf das Gericht mit Beschluss vom 11. November 2009 die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren beigeladen hat.
Zur Begründung der Kläger macht die Klägerin im wesentlichen geltend, dass der Rückzahlungsanspruch zu Recht erhoben worden sei, weil die Beklagte als Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag die 126,25 € als Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung für die bei ihr beschäftigte Frau G. für das Jahr 2008 zu Unrecht erhoben habe. Denn die Verpflichtung der Bundesagentur für Arbeit nach § 46 Abs. 4 SGB II stelle sich als verfassungswidrig darstelle. Der Rechtsstreit solle im Hinblick darauf dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werden, weil damit die Bundesagentur für Arbeit in dem Rechtsstaatsgebot zuwider handelnder Art und Weise verpflichtet worden sei und weiterhin werde, eigene Einnahmen aus Beiträgen zur Finanzierung der über Steuern abzuwickelnden Absicherung eines allgemeinen Risikos, in Armut zu geraten, zu verwenden. Im Einzelnen begründet sie dies zunächst damit, dass sie ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis habe, weil die angestrebte konkrete Normenkontrolle die einzige Möglichkeit bilde, sich von der eigenen Verpflichtung zur Zahlung erhöhter und nicht gerechtfertigter Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu befreien, soweit diese darauf beruhen, dass die Bundesagentur für Arbeit systemfremd Leistungen zur Zahlung von Arbeitslosengeld II zu leisten habe. Dementsprechend könne sie nicht darauf verwiesen werden, dass die Leistungen der Arbeitslosenversicherung in aller Regel in ihrer Höhe nicht in Äquivalenz zum individuell geleisteten Beitrag stünden und alle Beitragszahler (seien es die gesetzlichen Versicherten oder seien es die verpflichteten Arbeitgeber) grundsätzlich keinen...