Entscheidungsstichwort (Thema)
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung. Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit einer Krankenhausabrechnung. Aufwandspauschale
Leitsatz (amtlich)
1. Für ein "eigenes Prüfregime zur Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit", bei dem ein Anspruch des Krankenhaus nach 275 Abs 1c S 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) auf Zahlung einer Aufwandspauschale ausscheiden soll, obwohl der Prüfvorgang nicht zu einer Rechnungsminderung geführt hat, fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
2. Vielmehr wird auch die Prüfung einer Krankenhausrechnung im Hinblick auf deren sachlich-rechnerische Richtigkeit von § 275 Abs 1 und Abs 1c SGB V erfasst (vgl auch: SG Rostock vom 2.3.2016 - S 15 KR 406/13, SG Osnabrück vom 27.1.2016 - S 34 KR 98/15; SG Darmstadt vom 7.12.2015 - S 8 KR 434/14; SG Speyer vom 28.7.2015 - S 19 KR 588/14; SG Mainz vom 4.5.2015 - S 3 KR 428/14; Knispel, Zu den Auskunfts- und Prüfpflichten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen bei der Prüfung von Krankenhausrechnungen nach der Rechtsprechung des BSG, in: Gesundheitsrecht 2015, S 200 - 207; Schütz, jurisPR-SozR 24/2015 Anm 4).
Nachgehend
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 300,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.7.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Berufung wird zugelassen.
4. Der Streitwert wird auf 300,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c S. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nebst Zinsen.
Der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte A. C. wurde im Krankenhaus der Klägerin in dem Zeitraum vom 25.11.2014 bis zum 5.12.2014 stationär behandelt. Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten mit Rechnung vom 27.1.2015 unter Abrechnung der Fallpauschale DRG H41A einen Betrag in Höhe von 9.444,96 € geltend. Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit der Überprüfung. Der MDK nahm Einblick in die Krankenakte der Klägerin. Es wurden folgende Fragen geprüft:
- Ist / sind die Nebendiagnose(n) (ND) korrekt?
- Ist / sind die Prozedur(en) korrekt?
Der MDK kam im Gutachten vom 25.3.2015 zu dem Ergebnis, dass die kodierten Prozeduren korrekt seien. Eine Nebendiagnose sei geändert worden (K85.80 statt K86.2). Die Prüfung führte nicht zu einer Minderung des Rechnungsbetrages. Die Klägerin machte mit Rechnung vom 28.4.2015 eine Aufwandspauschale in Höhe von 300,- € für die Prüfung geltend. Die Beklagte lehnte die Zahlung ab, weil der MDK bei der Prüfung nur die sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft habe. Dafür falle nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts keine Aufwandspauschale an.
Die Klägerin hat am 15.7.2015 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben.
Die Klägerin meint, dass ihr die Aufwandspauschale in Höhe von 300,- € zustehe. Eine Aufwandspauschale falle immer dann an, wenn trotz Prüfung der Rechnungsbetrag unvermindert geblieben ist. Dies sei hier der Fall.
Die Klägerin vertritt außerdem die Auffassung, dass sich die neuere Rechtsprechung des 1. Senates des Bundessozialgerichts, wonach für eine Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit keine Aufwandspauschale anfalle, über den Wortlaut des § 275 Abs. 1, 1c SGB V in unzulässiger Weise hinweggesetzt habe. Für diese Rechtsprechung gebe es keine Rechtsgrundlage.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 300,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.7.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass sie lediglich die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Rechnungen der Klägerin überprüft habe. Es handele sich nicht um eine Auffälligkeitsprüfung. Daher sei nach der Rechtsprechung des 1. Senates des Bundessozialgerichts die Regelung des § 275 Abs. 1c SGB V für den vorliegenden Fall nicht einschlägig.
Das Gericht wies mit Verfügung vom 23.2.2016 darauf hin, dass die 8. Kammer des Sozialgerichts Darmstadt in dem Verfahren mit dem Az. S 8 KR 434/14 der Rechtsprechung des 1. Senates des Bundessozialgerichts nicht gefolgt ist. Auf Blatt 28-29 der Gerichtsakte wird Bezug genommen.
Die Klägerin und die Beklagte haben mit Schriftsatz vom 23.3.2016 und vom 21.4.2016 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und auf den Inhalt der Gerichtsakten.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. Alle Beteiligten haben gegenüber dem Gericht ausdrücklich, eindeutig und vorbehaltlos erklärt, dass sie mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind.
Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig, da ein Streit im G...