Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Kosten der Unterkunft. Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten in einem Landkreis
Orientierungssatz
1. Auch bei der Ermittlung eines schlüssigen Konzepts für die Bemessung der angemessen Kosten der Unterkunft im Rahmen Grundsicherungsleistungen für einen Landkreis kann ein Vergleichsraum für die Datenerhebung nur durch ein Gebiet gebildet werden, das einen räumlichen Zusammenhang aufweist. Die Nutzung von Daten aus unterschiedlichen Gemeinden, die ohne unmittelbare Nähe über das Kreisgebiet verteilt sind, kann nicht zu einem anwendbaren schlüssigen Konzept führen.
2. Der generelle Ausschluss von Wohnung mit einer Größe von weniger als 35 Quadratmeter bei der Erhebung von Daten zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten führt zu einem nicht verwertbaren Ergebnis, so dass die Daten nicht Grundlage eines schlüssigen Konzepts sein können.
3. Eine Datenbasis für die Ermittlung angemessener Unterkunftskosten im Rahmen der Grundsicherungsleistung, die nur auf Bestandsmieten gegründet ist und keine Daten aus Neuvertragsmieten enthält, ist nicht zur Verwendung in einem schlüssigen Konzept für die Bemessung angemessener Unterkunftskosten geeignet.
Tenor
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 10. November 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum Dezember 2011 bis Mai 2012 monatlich weitere EUR 37,29 zu gewähren. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Klageverfahren über die Höhe der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten im Rahmen der Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Die 1949 geborene Klägerin bezieht laufend Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Sie bewohnt eine Wohnung in C., für die seit Januar 2010 eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von EUR 356,93 zu zahlen ist. Diese setzt sich aus einer Grundmiete in Höhe von EUR 226,51, der Vorauszahlung für kalte Betriebskosten in Höhe von EUR 61,78 und Heizkostenvorauszahlungen (inklusive Warmwasserbereitungskosten) in Höhe von EUR 68,64 zusammen. Mit Bewilligungsbescheid vom 16. Mai 2011 wies der Beklagte die Klägerin auf die Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten hin.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 24. Oktober 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen für den Zeitraum Dezember 2011 bis Mai 2012 in Höhe von monatlich EUR 683,64. Dabei berücksichtigte er Bedarfe für die Unterkunft und Heizung nur noch in Höhe von EUR 319,64. Hiergegen erhob die Klägerin durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21. November 2011 Widerspruch. Mit Bescheid vom 26. November 2011 änderte der Beklagte die Leistungsgewährung für den Zeitraum Januar bis Mai 2012 ab und berücksichtigte dabei die Erhöhung des Regelbedarfes. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Unterkunftskosten der Klägerin seien unangemessen.
Hiergegen hat die Klägerin am 21. Dezember 2011 Klage zum Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben. Sie begehrt die Berücksichtigung der vollständigen Unterkunftskosten. Der Angemessenheitsrichtlinie liege kein schlüssiges Konzept zugrunde. Darüber hinaus unterlasse der Beklagte eine Einzelfallbeurteilung und berücksichtige die Erkrankung der Klägerin nicht.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 10. November 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum Dezember 2011 bis Mai 2012 monatlich weitere 37,29 EUR für Bedarfe der Unterkunft zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er selbst könne zum Zustandekommen der Verwaltungsvorschrift keine Auskunft erteilen und verweist insoweit auf die Stellungnahme des Landkreises sowie auf das beauftragte Unternehmen. Der Landkreis führt in seiner übersandten Stellungnahme aus, Konzepte des beauftragten Unternehmens seien wiederholt von Sozialgerichten bestätigt worden. Darüber hinaus stünden die erhobenen Daten in den Räumen des Landkreises zur Verfügung. Schließlich sei kein "normaler" Fall bekannt, in dem der Leistungsberechtigte nach ausreichender Suche nicht angemessenen Wohnraum gefunden hätte.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
A. Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 12. November 2011 in der Fass...