Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Kosten der Unterkunft und Heizung. Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten. Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen von Unterkunftskosten. Landkreis als geeigneter räumlicher Vergleichsmaßstab. Angemessenheit von Heizkosten als Teil der Unterkunftskosten
Orientierungssatz
1. Bei der Bestimmung angemessener Unterkunftskosten im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende durch ein schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers kann als räumlicher Vergleichsmaßstab jedenfalls dann nicht das gesamte Gebiet eines Landkreises zugrunde gelegt werden, wenn im Landkreis die Ausrichtung der darin befindlichen Gemeinden auf ein bestimmtes Mittelzentrum fehlt und deshalb eine infrastrukturelle und verkehrstechnische Verbundenheit aller Gemeinden gerade nicht gegeben ist. Die Berücksichtigung des gesamten Landkreises als Vergleichsraum kommt allerdings ausnahmsweise dann in Betracht, wenn bei einer Aufteilung des Gebiets in mehrere Räume, ausreichend repräsentative Wohnungsmärkte gebildet werden können.
2. Jedenfalls bei einem ländlich geprägten Mietwohnungsmarkt stellt die pauschale Herausnahme von Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern aus der Datenerhebung zu Unterkunftskosten für die Erarbeitung eines schlüssigen Konzepts eine Verzerrung des abzubildenden Mietwohnungsmarktes dar, der zur Unwirksamkeit des Konzepts führen kann.
3. Heizkosten als Teil der Unterkunftskosten im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende können nicht als abstrakt angemessener Betrag festgelegt werden. Vielmehr sind als Heizkosten die tatsächlichen Aufwendungen zu berücksichtigen. Eine Kappung der anzuerkennenden Ausgaben ist nur ausnahmsweise dann möglich, wenn diese signifikant über dem Durchschnittsverbrauch vergleichbarer Wohnungen liegen.
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 05.03.2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.03.2012 und 28.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2012 wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, den Bescheid vom 06.09.2011 abzuändern und den Klägern weitere Kosten der Unterkunft und Heizung für Dezember 2011 in Höhe von 46,39 EUR und für den Zeitraum vom 01.01. bis 31.03.2012 in Höhe von 48,00 EUR monatlich zu bewilligen. 2. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt der Beklagte. 3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger machen im Überprüfungsverfahren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Zeitraum vom 01.12.2011 bis 31.03.2012 geltend.
Der ...1980 geborene Kläger zu 1) und seine ...2006 geborene Tochter und Klägerin zu 2) bezogen als Bedarfsgemeinschaft im Jahr 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Der Beklagte berücksichtigte für den Bewilligungszeitraum vom 01.04.2011 bis 30.09.2011 die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung. Er legte dabei zunächst die Mietbescheinigung vom 22.03.2011 (Gesamtmiete einschließlich Heizkosten 441,32 EUR) zugrunde. Im Änderungsbescheid vom 06.05.2011 wies der Beklagte allerdings darauf hin, dass die Kosten der Wohnung in der D. in W. unangemessen hoch seien. Diese seien daher unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 01.12.2011 auf ein angemessenes Maß zu senken. Für einen Zweipersonenhaushalt seien 316,20 EUR an kalten Kosten und 92,00 EUR Heizkosten angemessen. Die Kläger reichten am 21.07.2011 die Betriebskostenabrechnung für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2010 ein. Hieraus ergab sich eine Nachzahlung von 313,40 EUR und neue Abschläge (124,74 EUR Heizkosten, 64,74 EUR kalte Betriebskosten), so dass die Gesamtmiete ab 01.08.2011 461,20 EUR betrug. Mit dem Änderungsbescheid vom 26.07.2011 bewilligte der Beklagte die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung ab 01.08.2011 und übernahm zudem die Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung i.H.v. 313,40 EUR.
Mit Antrag vom 19.12.2011 begehrten die Kläger die Weiterbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ab 01.10.2011. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 06.09.2011 Leistungen für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis 31.03.2012. Er legte dabei für die Monate Oktober und November Kosten der Unterkunft und Heizung von 461,20 EUR monatlich zugrunde und berücksichtigte ab Dezember 2011 Kosten der Unterkunft und Heizung von 408,20 EUR monatlich. Gegen den Bescheid erhoben die Kläger keinen Widerspruch.
Am 19.12.2011 beantragten die Kläger - vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte - die Überprüfung der Leistungsbewilligung seit dem Bescheid vom 06.05.2011 hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung. Diese wären in monatlich zutreffender Höhe von 461,20 EUR zu gewähren. Eine Reduzierung ab Dezember 2011 sei insbesondere rechtswidrig. Mit Bescheid vom 05.03.2012 lehnte der Beklagte den Antrag auf Überprüfung ab. Es seien keine ...