Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsrecht der Krankenkasse bei Verstoß des Vertragsarztes gegen die Pflichten aus einer geschlossenen Qualitätsvereinbarung zur ärztlichen Versorgung
Orientierungssatz
1. Die Krankenkassen können nach § 63 SGB 5 mit den Vertragsärzten eine Vereinbarung über die ärztliche Versorgung u. a. mit Akupunktur im Rahmen eines Modellversuchs zur Qualitätsverbesserung schließen. Dabei kann sich jeder teilnehmende Vertragsarzt verpflichten, wenigstens sechs geeignete Patienten pro Quartal in die randomisierte Studie einzubringen. Kommt der Vertragsarzt der Verpflichtung nicht nach, so ist die Krankenkasse zur Kündigung der Vereinbarung berechtigt.
2. Ohne die erforderliche Patientenmeldung besteht kein Anspruch des Vertragsarztes, weiterhin an dem Modellvorhaben teilzunehmen. Erfüllt der Vertragsarzt seine Verpflichtung nicht, so ist die Krankenkasse zur Kündigung der Vereinbarung berechtigt.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die vorläufige Teilnahme des Antragstellers an einem Modellvorhaben "Akupunktur", von der die Antragsgegnerin den Antragsteller ausgeschlossen hat.
Der Antragsteller ist Facharzt für Orthopädie mit dem Tätigkeitsschwerpunkt "Akupunktur".
Am 27.12.2000 haben die Beteiligten eine Vereinbarung über die ärztliche Versorgung mit Akupunktur im Rahmen eines Modellvorhabens nach §§63 ff. Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) geschlossen. Um die in diesem Vertrag geregelte wissenschaftliche Begleitung des Modellvorhabens bundeseinheitlich zu erfüllen wurde § 8 durch eine zusätzliche Vereinbarung - unterzeichnet von den Beteiligten am 11.03.2003 - ergänzt. Darin heißt es:
"Um den Erfolg der Studie nicht zu gefährden bzw. eine ausreichende Zahl von Patienten für den randomisierten Studienarm zu gewinnen, verpflichtet sich jeder teilnehmende Vertragsarzt, nicht weniger als sechs geeignete Patienten pro Quartal in die randomisierte Studie einzubringen. Sofern diese Zahl nicht erreicht wird, behalten sich die vertragsschließenden Verbände und Krankenkassen eine Kündigung dieser Vereinbarung vor."
Der dort bezeichneten Verpflichtung kam der Antragsteller in der Folgezeit unstreitig nicht nach, so dass die Antragsgegnerin mit Schreiben vom die Vereinbarung mit sofortiger Wirkung kündigte. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit Schreiben vom 04.10.2003 und verlangte die Rücknahme der Kündigung, was die Antragsgegnerin allerdings mit Schreiben vom 24.10.2003 ablehnte.
Der Antragsteller begehrt nunmehr im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die über die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Kündigung hinausgehende Teilnahme an dem Modellvorhaben einstweilen sicherzustellen. Er ist der Auffassung, § 15 Abs. 1 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen- Lippe stehe der unverzüglichen Meldung von geeigneten Patienten entgegen, da sich der Antragsteller zunächst durch eine Ethikkommission beraten lassen müsse. Erst mit Schreiben vom 25.08.03 habe die Ethikkommission der Ärztekammer Westfalen-Lippe ihm mitgeteilt, dass gegen seine Beteiligung an der Studie keine Bedenken bestünden, so dass er frühestens zu diesem Zeitpunkt das entsprechende Patientengut hätte zur Verfügung stellen können. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte sei eine Kündigung der Antragsgegnerin aus wichtigem Grund und mit sofortiger Wirkung nicht zulässig. Im Übrigen behauptet er, aufgrund des Ausschlusses an der weiteren Teilnahme am Modellvorhaben drohten ihm schwere und unzumutbare Nachteile, die nur durch eine vorläufige Sicherung abgewendet werden könnten. Hierzu legt er eine Bilanz für das 4. Quartal 2003 vor und als Vergleichsmaßstab die Bilanzen aus den Vergleichsquartalen 2001 und 2002. Sofern es bei der momentanen Einnahmesituation verbleibe, sei alsbald damit zu rechnen, dass Zahlungsunfähigkeit eintrete. Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn einstweilen an dem Modellvorhaben "Akupunktur" teilnehmen zu lassen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Auffassung, die Kündigung sei wirksam, zumal der Antragsteller nach wie vor keine Patienten in die randomisierte Studie eingebracht habe.
II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber nicht begründet. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Auch wenn der Antragsteller vorliegend Widerspruch gegen die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Kündigung erhoben hat, ist die Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nicht möglich. Bei den zwischen den Beteiligten geschlossenem Vertrag über das Modellvorhaben zur Akupunktur...