Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsrecht des Versicherten bei Erhöhung des Beitragssatzes der Krankenkasse - Zusammenlegung zweier Krankenkassen
Orientierungssatz
1. Erhöht die Krankenkasse ihren Beitragssatz, so ist der Versicherte nach § 175 Abs. 4 S. 2 SGB 5 zur Kündigung berechtigt. Eine Vereinigung verschiedener Krankenkassen führt dazu, dass die vereinte Kasse in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen eintritt, § 150 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 144 Abs. 4 S. 2 SGB 5.
2. Die neue Beitragsfestsetzung ist Folge der Vereinigung und zugleich eine Änderung des Beitragssatzes mit Wirkung für das fortgesetzte Mitgliedschaftsverhältnis. Damit muss die neu entstandene Krankenkasse als gewählte Krankenkasse i. S. des § 175 Abs. 4 S. 1 SGB 5 auf die Festsetzung höherer Beitragssätze das außerordentliche Kündigungsrecht gegen sich gelten lassen.
Tenor
Es wird festgestellt, daß der Antragsteller berechtigt war, die Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin zum 31.12.2003 zu kündigen.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist, ob der Antragsteller berechtigt war, die Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin außerordentlich zu kündigen.
Der Antragsteller war seit dem 01.12.2002 Mitglied der C L E, deren allgemeiner Beitragssatz seit dem 01.10.2002 12,9 % betrug. Deren sowie der Verwaltungsrat der O W C beschlossen im Jahre 2003 eine Fusion der beiden Kassen, aus der mit Wirkung zum 01.10.2003 die Antragsgegnerin hervorging. Diese setzte den für pflichtversicherte Beschäftigte geltenden allgemeinen Beitragssatz ab dem 01.10.2003 auf 14,3 % fest.
Mit am 02.10.2003 bei der Antragsgegnerin eingegangenem Schreiben kündigte der Antragsteller seine Mitgliedschaft zum 31.12.2003, woraufhin die Antragsgegnerin ihm mit nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenem Schreiben vom 13.10.2003 zwar die Kündigung bestätigte, jedoch erst zum 30.06.2004, was sie damit begründete, der Antragsteller sei an die Wahl seiner Krankenkasse entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen mindestens 18 Monate gebunden; auf den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit welchem der Antragsteller geltend machte, aufgrund der Beitragssatzerhöhung stände ihm ein Sonderkündigungsrecht zu, erteilte die Antragsgegnerin ihm am 16.12.2003 eine berichtigte Kündigungsbestätigung mit dem Ende der Mitgliedschaft zum 31.05.2004, blieb im übrigen jedoch bei ihrer grundsätzlichen Auffassung, ein Sonderkündigungsrecht stehe dem Antragsteller nicht zu, da kein Fall einer Beitragserhöhung vorläge, vielmehr durch die aufgrund Vereinigung ins Leben gerufene Krankenkasse ein Beitragssatz originär und erstmalig festgesetzt werde, ohne daß ein Bezug zu früheren Beitragssätzen der früheren Kassen bestehe. Dabei bezog sie sich auf eine vom Bundesversicherungsamt erteilte Rechtsauskunft vom 21.08.2003.
Unter dem 22.12.2003 beantragte der Kläger beim Sozialgericht Erlaß einer einstweiligen Anordnung zur Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Ausstellung der Kündigungsbestätigung zum 31.12.2003.
II.
Der zulässige Antrag ist begründet.
Gemäß § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1 - sog. Sicherungsanordnung -). Einstweilige Anordnungen sind ferner auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 - sog. Regelungsanordnung -). Da die Sicherungsanordnung im wesentlichen bestandschützende einstweilige Maßnahmen betrifft, war vorliegend die Regelungsanordnung gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zulässig.
Sie setzt, ebenso wie die Sicherungsanordnung, die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes und Anordnungsanspruchs voraus. Anordnungsanspruch meint dabei den materiell rechtlichen Anspruch, also das Bestehen des betroffenen Rechts oder rechtlich geschützten Interesses. Ist ein solches glaubhaft gemacht, hat das Gericht bei Abwägung der für und gegen den Erlaß der einstweiligen Anordnung sprechenden Gesichtspunkte festzustellen, ob die für den Erlaß sprechenden Gründe überwiegen. Dabei ist im übrigen zu berücksichtigen, daß dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen kann; im Hinblick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz -GG-) gilt dies jedoch dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines solchen Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht.
Ein derartiger Erfolg ist hier wahrscheinli...