Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Gewährung zuschussweiser Leistungen für die Kosten der Schülerbeförderung

 

Orientierungssatz

1. Bei einem geltend gemachten Anspruch auf zuschussweise Gewährung von Leistungen für die Kosten der Schülerbeförderung handelt es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert von den übrigen Grundsicherungsleistungen entschieden werden kann.

2. Voraussetzung für die Bewilligung des Zuschusses ist u. a. , dass der Schüler auf die Schülerbeförderung angewiesen ist. Dies ist gegeben, wenn es objektiv unzumutbar ist, den Betroffenen auf den Schulweg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu verweisen.

3. Nur dann, wenn die einfache Entfernung für den Schüler der Primärstufe mehr als 2 km und der Sekundärstufe mehr als 3,5 km beträgt, ist Beförderung notwendig.

4. Wird diese Grenze nicht erreicht und weist der Weg eine besondere Gefährdung nicht auf bzw. machen gesundheitliche Gründe eine Beförderung nicht notwendig, so besteht kein Anspruch auf Bewilligung des Zuschusses.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Kläger auf Gewährung von zusätzlichen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für Schulbeförderungskosten streitig.

Die Kläger zu 1) bis 3) beziehen in Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern und zwei jüngeren Geschwisterkindern Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten. Die Klägerin zu 1) ist 2002 geboren, die Kläger zu 2) ist 2003 geboren und die Kläger zu 3) ist 2006 geboren.

Im Jahr 2012 erfolgte die Bewilligung von SGB II-Leistungen für die Kläger und die weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 21.02.2012 für den Bewilligungszeitraum April bis September 2012.

Am 28.06.2012 beantragten die Eltern für die Klägerin zu 1) die Übernahme von Schülerbeförderungskosten für den Besuch der Förderschule "U" ab der Klasse 5. Einen Antrag auf Ausstellung eines Schulwegtickets hatte die Stadt C zuvor am 09.05.2012 abgelehnt, da die Entfernung von 2,65 km bis zur besuchten Schule unter der Entfernungsgrenze der Schülerfahrtkostenvorordnung liegt. Ebenfalls am 28.06.2012 beantragten die Eltern für die Klägerin zu 2) und 3) jeweils die Übernahme von Schulbeförderungskosten zur Grundschule N. Diese wird von der Klägerin zu 2) seit August 2010 besucht, ab dem Schuljahr 2012/2013 besuchte sie die 3. Klasse. Die Klägerin zu 3) wurde zum 01.08.2012 eingeschult.

Die Anträge lehnte der Beklagte mit Bescheiden vom 08.08.2012 ab. Dies begründete er jeweils damit, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Ein Anspruch allein aus dem Grund, dass kein Anspruch nach der Schülerfahrtkostenvorordnung bestehe, ergebe sich nicht. Ein atypischer Ausnahmefall sei nicht zu erkennen.

Hiergegen erhoben die Klägerinnen Widerspruch. Diesen begründeten sie damit, dass sie auf die tägliche Beförderung angewiesen seien. Eine andere Stelle erstatte die Fahrtkosten nicht. Die Entfernung zur Schule betrage auch mehr als 2 bzw. 3,5 km.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 06.11.2012 wies der Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Dies begründete er damit, dass die Klägerinnen nicht auf eine Schülerbeförderung für den Schulbesuch angewiesen seien. Der Schulweg der Klägerin zu 1) betrage 2,65 km, der Schulweg der Klägerinnen zu 2) und 3) betrage je 1,7 km. Fahrtkosten seien daher nicht notwendig. Ein atypischer Sachverhalt, der von der Schülerfahrtkostenverordnung nicht erfasst sei, liege nicht vor.

Am 03.12.2002 haben die Klägerinnen und ihre Eltern Klage erhoben. Die Eltern haben in der Folgezeit die Klage für sich zurückgenommen.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass die Voraussetzungen von § 28 Abs. 4 SGB II vorliegen würden. Sie seien auf die tägliche Beförderung angewiesen. Die Entfernung betrage mehr als 2 bzw. 3,5 km. Die Klägerin zu 1) sei für den Weg zur Förderschule auf Hilfe und Begleitung durch ihre Eltern angewiesen. Für die Klägerinnen seien Monatstickets für den Stadtverkehr in C erworben worden. Auch sei der Regelsatz nach dem SGB II weiterhin verfassungswidrig.

Die Klägerinnen beantragen,

die Bescheide vom 08.08.2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 06.11.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen die tatsächlichen Aufwendungen für die Schülerbeförderung zu erstatten.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für rechtmäßig. Es sei nicht erkennbar, dass die Klägerin zu 1) den Schulweg nicht allein bestreiten könne. Der Schulweg für die Klägerinnen zu 2) und 3) führe durch ein Wohngebiet und werde von der Schule als sicher eingestuft.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte auch in Abwesenheit eines Vertreters des Beklagten entscheiden, da er ordnungsgemäß geladen wurde und mit de...

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