Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von Beitragszeiten der Alterssicherung der Landwirte auf Wartezeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB 6. Erfüllung der für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erforderlichen 45-jährigen Wartezeit. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
"Beitragszeiten in der Alterssicherung der Landwirte" sind keine Beitragszeiten iS von § 55 Abs 1 S 1 SGB VI.
Orientierungssatz
Eine Gleichstellung von Zeiten nach dem GAL bzw ALG mit Pflichtbeitragszeiten nach dem SGB 6 ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, insbesondere nicht durch das Prinzip der Gleichbehandlung nach Art 3 Abs 1 GG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung von Beitragszeiten zur Alterssicherung der Landwirte nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG bzw. GAL) für die Wartezeit von 45 Jahren für eine Rente für besonders langjährig Versicherte.
Vom 01.07.1993 bis zum 30.10.2000 legte der am 00.00.1959 geborene Kläger unstreitig Beitragszeiten nach dem GAL (bis zum 31.12.1994) und danach nach dem ALG (ab dem 01.01.1995) zurück. Ansonsten weist sein Versicherungskonto rentenrechtliche Zeiten in der Arbeiterrentenversicherung, der Angestellten Rentenversicherung sowie der Allgemeinen Rentenversicherung vom 01.01.1975 bis zum 30.06.1993 und sodann vom 01.11.2000 bis zum 31.12.2019 auf.
Mit dem streitigen Bescheid vom 23.03.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2020 lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers auf die Anerkennung des Zeitraums 01.07.1993 bis 30.10.2000 als Beitragszeit ab. Pflichtbeitragszeiten zur Alterssicherung der Landwirte könnten insoweit nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil nach dem derzeitigen Recht Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestanden habe. Eine Anrechnung der Beitragszeiten nach dem ALG bzw. GAL für die Wartezeit von 25 Jahren sei gemäß § 51 Abs. 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte ausgeschlossen. Die Beklagte verwies auf Urteile des Bundessozialgerichts vom 22.02.1990 (4 RA 62/89), vom 27.06.1990 (5 RJ 19/89), vom 06.02.2003 (B 13 RJ 17/02 R) und vom 19.05.2004 (B 13 RJ 4/04 R). Die streitigen Beitragszeiten vom 01.07.1993 bis zum 30.10.2000 können daher nicht für die Wartezeit von 45 Jahren und den Rentenanspruch für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte berücksichtigt werden.
Hiergegen richtet sich die am 15.09.2020 erhobene Klage.
Der Kläger hat vorgetragen, der Ausschluss der landwirtschaftlichen Versicherungszeiten von der Anrechnung auf die Wartezeit von 45 Jahren sei verfassungswidrig.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.03.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2020 zu verurteilen, dem Kläger eine Rente für besonders langjährig Versicherte nach den gesetzlichen Vorschriften zu zahlen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Bundesozialgericht habe entschieden, dass die entsprechenden Ausschlussregelungen mit dem Grundgesetz vereinbar seien. Sie sei als Behörde an die gesetzlichen Vorschriften gebunden.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Zurecht hat die Beklagte die Anerkennung von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung für den streitigen Zeitraum abgelehnt.
Nach § 149 Abs. 5 S. 1 SGB VI stellt der Versicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest. Zu den feststellbaren versicherungsrechtlichen Zeiten zählen unter anderem Beitragszeiten. Beitragszeiten sind (im Grundsatz) Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§ 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI).
Die durch den Kläger im Streitzeitraum 01.07.1993 bis 30.10.2000 in der Alterssicherung der Landwirte zurückgelegten Zeiten sind keine Beitragszeiten in diesem Sinne. Zu den Pflichtbeitragszeiten im Sinne dieser Vorschrift zählen nicht alle Beitragszahlungen, zu deren Zahlung man auf Grund eines Bundesgesetzes verpflichtet ist, wie man nach dem Wortlaut vermuten könnte. Denn das wären etwa auch Zahlungen zur Krankenversicherung, was offensichtlich unsinnig ist. Auch gehören hierzu nicht alle Zahlungen, die mit dem Ziel der Altersvorsorge erfolgt sind. Vielmehr ist aus sämtlichen Auslegungsmerkmalen eine Beschränkung herzuleiten, wonach hier im Erge...