Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsförderungsrecht: Besondere Leistung zur Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt. Gewährung von Teilnahmekosten für Maßnahmen. Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten am Wohnort während der Teilnahme an einer auswärtigen Maßnahme zur Integration in den Arbeitsmarkt

 

Orientierungssatz

Die Kosten für die Wohnung eines Menschen mit Behinderung, die während der Dauer der auswärtigen Unterbringung des Betroffenen zur Teilnahme an einer Maßnahme der Arbeitsförderung am ursprünglichen Wohnort vorgehalten wird, können nicht vom Leistungsträger erstattet verlangt werden. Erstattungsfähig sind vielmehr nur Aufwendungen, die am Ort der Maßnahme entstehen (Entgegen: LSG Hamburg, Urteil vom 29.06.2016, Az.: L 2 AL 41/15).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Kosten für die Wohnung des Klägers in C während der Durchführung einer Maßnahme zu übernehmen hat.

Der am 00.00.1989 geborene Kläger ist erheblich behindert und hat einen Grad der Behinderung von 60 mit dem Merkmal "G". Er bewohnt in C eine eigene Wohnung in der G-Straße 0 und bezog in der Vergangenheit von dem Jobcenter Bielefeld Leistungen einschließlich der Kosten für die Unterkunft nach dem SGB II. Am 04.02.2014 nahm er in dem U-Bildungswerk I zunächst an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme mit internatsmäßiger Unterbringung bis zum 31.07.2014 teil. Die Kosten dafür trug die Beklagte. Ab dem 11.08.2014 bis 10.11.2016 folgte dann eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben. Dabei wurde dem Kläger kein Ausbildungs- oder Übergangsgeld bewilligt.

Mit Antrag vom 26.06.2014 beantragte er die Übernahme der Mietkosten für seine im Eigentum seines Vaters stehende Wohnung in C.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.03.2016 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Beibehaltung seiner Mietwohnung in C ab. Zur Begründung führte sie aus, die Kosten der Mietwohnung seien keine Kosten, die wegen Art und Schwere der Behinderung unvermeidbar entstünden. Sie stellten auch keine Kosten für Sonderfälle der Unterkunft und Verpflegung nach § 127 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 SGB III dar. Hierbei handele es sich nämlich um Sonderfälle der auswärtigen Unterbringung, also genau nicht um die Mietwohnung an seinem Hauptwohnsitz in C. Auch das SGB IX biete keine Ansätze zur Erstattung der Mietkosten.

Den hiergegen eingelegten, nicht näher begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2016 zurück. Der angefochtene Bescheid entspreche der Sach- und Rechtslage. Anhaltspunkte für eine Gesetzeswidrigkeit der getroffenen Entscheidungen seien weder vorgetragen noch nachgewiesen worden und überdies nicht erkennbar. Darüber hinaus ergebe sich aus der Stellungnahme des U-Berufsbildungswerkes, dass der Kläger auch an den Wochenenden in der Einrichtung verbleiben könne und damit Kosten für die Beibehaltung der Wohnung in C nicht unvermeidbar entstünden.

Hiergegen richtet sich die am 03.06.2016 erhobene Klage, mit der der Kläger weiterhin Leistungen in Form einer Übernahme der Kosten seiner Wohnung in C begehrt. Zur Begründung trägt er vor, er habe Anspruch auf Übernahme von Mietkosten bzw. Leistungen zur Sicherung der Unterkunft gemäß § 127 Abs. 1 S. 2 SGB III i.V.m. § 33 Abs. 7 Z. 1 SGB IX. Es liege bei ihm ein vergleichbarer Sachverhalt vor wie in dem vom LSG Sachsen Anhalt unter dem Az. L 2 AS 951/12 B ER entschiedenen Fall, in dem das Gericht einen entsprechenden Anspruch anerkannt habe. Er habe die Wohnung vor Leistungsbeginn angemietet. Seine Motivation, selbstständig zu werden und eine weitere Ausbildung anzustreben, sei durch die Anmietung der Wohnung erheblich erhöht worden. Der Prozess der Selbstständigwerdung würde erheblich beeinträchtigt, wenn er seine Wohnung während der Internatsunterbringung aufgeben müsste. Ihm verbliebe nur der Rückzug zu den Eltern, der weder von ihm noch von seinen Eltern als förderlich für die weitere selbstständige Lebensgestaltung angesehen werde. Im Gegenteil drohe aufgrund der behinderungsbedingten Umstände ein Verlust der bisherigen Fähigkeiten. Zudem habe er als schwerbehinderter Mensch erhebliche Probleme bei der Suche nach einer geeigneten und bezahlbaren Wohnung. Ihm könne nicht zugemutet werden, während der auswärtigen Internatsunterbringung in der begrenzten Zeit der Maßnahme seine eigene Wohnung aufzugeben und das Risiko einzugehen, nach Beendigung der Maßnahme wohnungslos dazustehen. Damit sei offensichtlich, dass ohne die Kostenübernahme für die Wohnung der Maßnahmeerfolg absolut gefährdet wäre. In einem entsprechenden Fall habe sich die Beklagte vor dem BSG im Verfahren B 11 AL 15/16 R verglichen, nachdem das LSG Hamburg in seiner Entscheidung vom 29.06.2016, Az. L 2 AL 41/15, die Beklagte verurteilt hatte, die Kosten der Unterkunft und Verpflegung w ährend der Schließzeiten des Internats zu übernehmen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter ...

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