Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. arbeitsvertragswidriges Verhalten. Entzug der Fahrerlaubnis eines Berufskraftfahrers. verkehrswidriges Verhalten während beruflicher Fahrten. Verkehrszentralregister. grobe Fahrlässigkeit. keine Bindungswirkung arbeitsgerichtlicher Urteile bzw Vergleiche

 

Orientierungssatz

1. Das Vorhandensein einer Fahrerlaubnis zur Erfüllung der vertraglichen Arbeitspflicht ist Geschäftsgrundlage eines Arbeitsvertrages bei Berufskraftfahrern. Wird die Fahrerlaubnis wegen Überschreitung der Schwelle von Punkten im Verkehrszentralregister entzogen, muss für den Arbeitslosen bei einfachster Betrachtung klar sein, dass ihm aufgrund der dann nicht mehr möglichen Arbeitsleistung die Kündigung droht, so dass sein arbeitsvertragswidriges Verhalten ursächlich für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ist und die Arbeitslosigkeit grob fahrlässig herbeigeführt wurde.

2. Ein späteres arbeitsgerichtliches Urteil entfaltet ebenso wie ein arbeitsgerichtlicher Vergleich keine Bindungswirkung für die sozialrechtliche Fragestellung zum Vorliegen der Voraussetzungen für eine Sperrzeit. Die bloße Umbenennung einer außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung kann die Herbeiführung der Beschäftigungslosigkeit durch arbeitsvertragswidriges Verhalten nicht beseitigen (vgl BSG vom 3.6.2004 - B 11 AL 70/03 R = SozR 4-4300 § 123 Nr 2).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer Sperrzeit für die Dauer von 12 Wochen streitig.

Der Kläger war seit dem 24.08.2009 bis 31.07.2010 bei der Fa. H GmbH und vom 01.08.2010 bis zum 17.02.2011 bei der Fa. G Transporte als Kraftfahrer beschäftigt. Aufgrund eines eingetretenen Führerscheinverlustes wegen des Erreichens von 18 Punkten im Verkehrszentralregister (Ordnungsverfügung des Kreises I vom 15.02.2012) kündigte die Fa. G Transporte das Arbeitsverhältnis des Klägers am 16.02.2011 fristlos zum 17.02.2011. Gegen die Kündigung war ein Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Herford (Az.: 2 Ca 268/11) anhängig.

Am 21.02.2011 meldete der Kläger sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld.

Mit Bescheid vom 03.03.2011 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit für die Dauer von 12 Wochen für die Zeit vom 18.02. bis 12.05.2011 fest. Dies begründete sie damit, dass der Kläger seine Beschäftigung verloren habe, da er seinen Führerschein habe abgeben müssen. Da davon auszugehen sei, dass der Arbeitgeber dieses Verhalten nicht dulde, sei der Verlust des Arbeitsplatzes für den Kläger abzusehen gewesen. Ein wichtiger Grund für das Verhalten des Klägers sei nicht erkennbar. Entsprechend sei eine Sperrzeit von 12 Wochen eingetreten. Hierdurch mindere sich der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld um 90 Tage. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem Ende der Sperrzeit, beginnend mit dem 13.05.2011, in Höhe von 32,36 EUR täglich.

Gegen die Sperrzeitentscheidung erhob der Kläger in der Folgezeit Widerspruch. Diesen begründete er damit, dass die Sperrzeit rechtswidrig sei. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung hätten nicht vorgelegen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Dies begründete sie damit, dass der Kläger sich vertragswidrig verhalten habe und dieses Verhalten zum Verlust der Beschäftigung geführt habe. Der Verlust des Führerscheines sei als vertragswidriges Verhalten zu sehen. Der Kläger habe damit rechnen müssen, dass der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis beenden würde. Entsprechend trete eine Sperrzeit für die Dauer von 12 Wochen ein. Die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Sperrzeit wegen einer besonderen Härte lägen nicht vor.

Hiergegen hat der Kläger am 29.03.2011 Klage erhoben. Das Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht endete durch einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2011 durch betriebsbedingte Kündigung sein Ende gefunden und der Kläger für die Zeit vom 17.02.2011 bis zum 31.03.2011 unbezahlten Sonderurlaub erhalten hat. Weiterhin verpflichteten sich Kläger und Arbeitgeber zum Wiederabschluss eines Arbeitsvertrages ab dem Tag der Wiedererlangung der Fahrerlaubnis durch den Kläger.

Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass die Feststellung einer Sperrzeit rechtswidrig sei. Er habe durch die Inanspruchnahme von verwaltungsgerichtlichem Rechtsschutz erfolglos versucht, den Führerscheinverlust zu verhindern. Auch habe er versucht, durch den Arbeitgeber im Lager beschäftigt zu werden. Die Punkte seien durch berufliche Fahrten entstanden, die Sperrzeit sei für ihn eine besondere Härte. Er habe nicht vorsätzlich sein Arbeitsverhältnis gefährdet, sondern im Rahmen seiner Tätigkeit zu viele Punkte gesammelt. Nach dem arbeitsgerichtlichen Verfa...

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