Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter bzw bei Erwerbsminderung. Darlehen oder Zuschuss. Vermögenseinsatz. Mehrfamilienhaus. kein Schonvermögen. Verwertung. keine besondere Härte
Orientierungssatz
1. Ein Anspruch auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach § 41 Abs 2 SGB 12 kommt nur als Darlehen gem § 91 SGB 12 und nicht als Zuschuss in Betracht, wenn einzusetzendes Vermögen in Form eines Mehrfamilienhauses nach § 90 Abs 1 SGB 12 vorhanden ist.
2. Ein Mehrfamilienhaus fällt nicht unter den Schutz des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB 12, selbst wenn die darin befindlichen Wohnungen ausschließlich vom Sozialhilfeempfänger und seinen Angehörigen bewohnt werden, da von einer insgesamt zu schützenden Familienwohnung nicht ausgegangen werden kann, wenn ein Teil der Angehörigen in separaten Wohnungen lebt.
3. Zur Angemessenheitsprüfung des Hausgrundstücks iS des § 90 Abs 2 Nr 8 SGB 12 hinsichtlich Wohnfläche, Grundstücksgröße, Wohnungsausstattung und Grundstückswert.
4. Zum Nichtvorliegen einer Härte iS des § 90 Abs 3 SGB 12.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) als Zuschuss oder als Darlehen zu gewähren sind.
Die 1932 geborene Klägerin bezieht laufende Grundsicherungsleistungen durch die Beklagte. Im Rahmen eines Folgeantrages im Juli 2007 wurde bekannt, dass sie zur Hälfte neben ihrer Tochter Miteigentümerin des auch von ihr bewohnten Hausgrundstücks ist. Das Grundstück weist eine Größe von 501 qm und das Haus eine Wohnfläche von 243 qm auf. Es handelt sich um ein Haus mit Einliegerwohnung, welches in abgeschlossenen Wohnungen von der Klägerin, der Tochter mit ihrem Sohn und ihrer Tochter und dem Sohn der Klägerin bewohnt wird. Im Verwaltungsverfahren wurde angegeben, die Klägerin selbst bewohne die Wohnung im Obergeschoss mit einer Wohnfläche von 90 qm. Der Verkehrswert des Hauses wurde durch die Kommunale Bewertungsstelle mit 245.000 Euro ermittelt.
Mit Bescheid vom 26.09.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.08.2006 bis zum 31.07.2007 in Höhe von 183,97 Euro monatlich als Darlehen. Zur Begründung wurde angegeben, die Klägerin verfüge über einzusetzendes Vermögen in Form eines Hausgrundstücks. Dieses Grundvermögen stelle kein Schonvermögen im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII dar, da es der Größe nach unangemessen sei. Als angemessene Wohnfläche werde bei vier Personen eine Größe von 120 qm zugrunde gelegt. Pro Person werde dann eine Fläche von 20 qm in Abzug gebracht, so dass für die Klägerin eine Wohnfläche von 60 qm angemessen sei. Ihre Wohnung mit 90 qm übersteige diese Fläche. Des Weiteren sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass sie Miteigentümerin des gesamten Hauses sei, so dass ihr auch ein Anteil des ausgebauten Dachgeschosses zuzurechnen sei. Der Einsatz des Vermögens stelle auch keine besondere Härte dar. Da die Verwertung des Hauses jedoch sofort nicht möglich sei und auch nicht gefordert werde, erfolge die Leistungsbewilligung als Darlehen gemäß § 91 SGB XII gegen Sicherung durch eine Grundschuld in Höhe von 25.000 Euro.
Mit dem Widerspruch gegen diesen Bescheid wandte sich die Klägerin gegen die Leistungsgewährung als Darlehen. Sie vertrat die Ansicht, das Vermögen sei doch als Schonvermögen zu werten. Es müsse berücksichtigt werden, dass das Hausgrundstück noch darlehensbelastet sei in Höhe von ca. 80.000 Euro. Die Rückzahlung des Darlehens erfolge allein durch die Tochter, die auch ihre Alleinerbin sei. Durch die Gewährung der Grundsicherungsleistungen als Darlehen komme es daher in erster Linie zu einer Belastung der Tochter, der der Eigentumsanteil im Erbfall zukomme. Des Weiteren bewohne die Klägerin lediglich eine Wohnung mit 90 qm Wohnfläche, was als angemessen zu bewerten sei. Sie sei bereits 74 Jahre alt und wohne schon seit 36 Jahren im Haus. Der Ausbau des Dachgeschosses sei lediglich provisorisch erfolgt. Es werde von ihrem Sohn bewohnt. Eine anderweitige Vermietung sei nicht möglich. Die Mittel für den Ausbau des Dachgeschosses habe die Tochter aufgewendet, so dass der Sohn auch einen monatlichen Betrag an die Tochter, nicht aber an die Klägerin zahle.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.02.2007 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. In der Begründung wurde die Ansicht vertreten, die Darlehensgewährung sei rechtmäßig. Der Eigentumsanteil der Klägerin an dem Hausgrundstück sei nicht nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützt. Nach neuer Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) sei eine Wohnfläche von 80 qm für eine Einzelperson als angemessen anzusehen. Der Eigentumsanteil der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer Wohnung mit 90 qm und der Hälfte des Dachgeschosses liege jedoch darüber. Im Übrigen handele es sich um ein Mehrfamilienhaus, welches nicht unter den Schutz eines angemessenen Hausgrundstück...