Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Aussetzung der Rentenanpassung in der gesetzlichen Rentenversicherung für das Jahr 2004 und der vollen Beitragszahlung der Rentner zur sozialen Pflegeversicherung
Orientierungssatz
1. Die Neuregelung der alleinigen Beitragstragung zur sozialen Pflegeversicherung durch den Rentner nach § 59 Abs 1 S 1 SGB 11 ab 1.4.2004 verstößt nicht gegen Art 2 Abs 1, Art 3 Abs 1, Art 14 Abs 1 und Art 20 Abs 3 GG.
2. Die Aussetzung der Rentenanpassung zum 1.7.2004 verstößt nicht gegen Art 2 Abs 1, Art 14 Abs 1 und Art 20 Abs 3 GG.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten die Tragung des hälftigen Beitrages zu seiner gesetzlichen Pflegeversicherung über den 31.03.2004 hinaus sowie eine Anpassung seiner Rente mit Wirkung ab dem 01.07.2004 beanspruchen kann.
Der ... 1937 geborene Kläger absolvierte eine Ausbildung als Tischler; im Jahr 1962 schulte er in den kaufmännischen Bereich um und war zuletzt bis zum 31.12.2000 als kaufmännischer Angestellter versicherungspflichtig beschäftigt. Zumindest seit der Schaffung der gesetzlichen Pflegeversicherung zum 01.01.1995 war er freiwillig krankenversichert. Seit dem 01.01.2001 bezieht er aufgrund Bescheides vom 20.10.2000 von der Beklagten eine Altersrente für langjährig Versicherte. Die Beklagte legte der Berechnung der Rente jeweils den aktuellen Rentenwert (West) zugrunde. In der Zeit vom 01.01.2001 bis zum 31.03.2002 gewährte die Beklagte dem Kläger einen Zuschuss zum Pflegeversicherungsbeitrag von 0,85 %. Nachdem der Kläger zum 01.04.2002 Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner geworden war, behielt die Beklagte in der Zeit vom 01.04.2002 bis zum 31.03.2004 von der Rente des Klägers den halben Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung in Höhe von 0,85 % ein und übernahm selbst die Zahlung der anderen Beitragshälfte.
Mit Bescheid vom 08.03.2004 stellte die Beklagte den Rentenanspruch des Klägers neu fest. Aus der Rente werde nunmehr ab dem 01.04.2004 der volle Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung von 1,7 %, also ein Betrag in Höhe von 27,31 EUR, einbehalten. Ab dem 01.04.2004 sei der Beitrag zur Pflegeversicherung von den Rentnern allein zu tragen.
Hiergegen legte der Kläger am 26.03.2004 Widerspruch mit der Begründung ein, die Erhöhung seines Pflegeversicherungsbeitrages um 100 % führe zu einer faktischen Kürzung und zu einem realen Wertverlust seiner Rente. Diese Kürzung stelle einen verfassungswidrigen Eingriff in seine grundrechtlich geschützte Rechtsposition dar, sowohl der Eigentumsschutz nach Art. 14 des Grundgesetzes (GG) als auch der rechtsstaatliche Vertrauensgrundsatz seien verletzt. Die Tatsache, dass andere Versichertengruppen weiterhin lediglich den halben Pflegeversicherungsbeitrag zu leisten hätten, lasse erhebliche Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz des Art. 3 GG aufkommen.
Gleichzeitig beantragte der Kläger eine Rentenanpassung zum 01.07.2004 nach den §§ 65, 68, 255 e des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 13.07.2004 ab. Durch Art. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 27.12.2003 (2. SGB VI-ÄndG, BGBl. I, S. 3013) sei festgelegt worden, dass sich der aktuelle Rentenwert zum 01.07.2004 nicht verändere. Diese Regelung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber habe in der Vergangenheit bereits mehrfach vergleichbare Regelungen getroffen, die zum Teil vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ausdrücklich gebilligt worden seien. Der mit der Aussetzung der Rentenanpassung verbundene finanzielle Beitrag zur Konsolidierung der Finanzsituation in der Rentenversicherung stelle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Eigentumsrechte des Klägers dar. Bei den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung handele es sich um Dauerleistungen, die in besonderem Maße den sich ändernden Verhältnissen unterworfen seien.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 10.08.2004 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass er die Nichterhöhung des aktuellen Rentenwertes zum 01.07.2004 für willkürlich und verfassungswidrig erachte. Sie sei weder rentenpolitisch begründet noch sachlich erforderlich. Angesichts steigender Lebenshaltungskosten und zusätzlicher drastischer Einschnitte bei den Rentenbeziehern führe die "Nullrunde" faktisch zu einer Rentenkürzung, so dass die Rente ihre einkommenssichernde Funktion verliere. Deshalb liege eine Verletzung von Art. 14 GG vor, denn die Rentenanpassung werde grundsätzlich vom Eigentumsschutz der Renten mit umfasst. Ferner liege eine Verletzung des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes nach Art. 20 Abs. 3 GG vor, da er auf eine Erhöhung der Rentenwertes habe vertrauen dürfen.
Die Widersprüche gegen die Bescheide vom 08.03.2004 und 13.07.2004 w...