Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis der Identität des Antragstellers zur Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung - Deckung der Ausweiskosten aus dem Regelbedarf

 

Orientierungssatz

1. Pass- bzw. Ausweisbeschaffungskosten sind dem von der Regelleistung nach § 20 SGB 2 umfassten Bedarf zuzuordnen und müssen vom Grundsicherungsberechtigten aus Ansparungen aufgebracht werden. Eine Übernahme der anfallenden Kosten durch den Grundsicherungsträger als Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB 2 bzw. durch den Sozialhilfeträger in Analogie zu § 73 SGB 12 ist ausgeschlossen.

2. Zur Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung ist der Nachweis der Identität durch den Antragsteller erforderlich. Nach § 60 SGB 1 ist hierzu ein Personalausweis, ein Reisepass oder ein ähnliches gültiges Identitätsdokument vorzulegen. Kommt der Antragsteller dieser Obliegenheit nicht nach, so ist die Gewährung von Leistungen des SGB 2 ausgeschlossen.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Mit seinem am 31.05.2019 erhobenen Eilantrag begehrt der Antragsteller erneut die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung eines Zuschusses in Höhe von 160,00 EUR zum Zwecke einer Ausweisneubeschaffung sowie der Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Der Antragsteller hatte bereits in der Vergangenheit unter den Aktenzeichen S 67 AS 1017/18 Er, S 67 AS 5166/18 ER und S 67 AS 5409/18 ER ähnliche einstweiligen Anordnungsverfahren eingereicht.

Der nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Antrag ist unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Die hier begehrte Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt die Glaubhaftmachung des streitigen Rechtsverhältnisses voraus, aus dem die Antragstellerin eigene Rechte - insbesondere Leistungsansprüche - ableitet (Anordnungsanspruch). Ferner ist erforderlich, dass die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) vom jeweiligen Antragsteller glaubhaft gemacht werden. Dieses ist im Rahmen einer summarischen Prüfung zu bestimmen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die, eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde, Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im summarischen Verfahren (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), 29.07.2003 - 2 BvR 311/03 -). Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Dann ist ggf. auf der Grundlage einer an der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -).

Vorliegend fehlt es bereits insgesamt an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.

Für das Begehren des Antragstellers, den Antragsgegner zu verpflichten, einen Zuschuss zur Neuanschaffung eines Ausweises zu verpflichten, ist keine Anspruchsgrundlage ersichtlich (vgl. auch bereits die Ausführungen der Kammer in den Beschlüssen vom 05.04.2019 - S 67 AS 1017/18 ER; vom 05.12.2018 - S 67 AS 5166/18 ER und vom 07.01.2019 - S 67 AS 5409/18 ER). Es findet sich für das Begehren des Antragstellers keine Anspruchsgrundlage im SGB II. Pass-/Ausweisbeschaffungskosten einschließlich der dazu entstehenden Nebenkosten wie z.B. Fahrkosten sind dem von der Regelleistung nach § 20 SGB II umfassten Bedarf zuzuordnen und müssen aus Ansparungen aufgebracht werden (vgl. § 20 Abs. 1 S. 4 SGB II; Saitzek, in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 20 SGB II Rn. 55). Eine abweichende Festsetzung des pauschalierten Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts durch die Gerichte ist grundsätzlich nicht möglich (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.01.2013, L 12 AS 1836/12 NZB - Rn. 5; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2011 - L 12 AS 2597/11 - Rn. 25, jeweils nach juris). Auch das BSG hat bereits entschieden, dass die Kosten für die Beschaffung eines Passes auch für ausländische Arbeitslosengeld II-Bezieher grundsätzlich vom Regelbedarf umfasst sind (BSG; Urteil vom 12.09.2018 - B 4 AS 33/17 R). Die Passbeschaffungskosten kö...

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