Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Dokumentenpauschale. Einscannen und elektronische Speicherung einer Verwaltungsakte
Leitsatz (amtlich)
Ein Rechtsanwalt kann die Dokumentenpauschale gem Ziff 7000 Nr 1a des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (RVG-VV Nr 7000 Nr 1 Buchst a) nicht abrechnen, wenn er eine Verwaltungsakte einscannt und elektronisch speichert. Der Gebührentatbestand wird nicht erfüllt, weil Einscannen nicht unter den Begriff der Ablichtung fällt.
Tenor
Die Erinnerung des Antragstellers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 23.04.2009 wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die zulässige Erinnerung des Antragstellers gegen die Festsetzung der aus der Staatskasse infolge bewilligter PKH zu zahlenden Vergütung gemäß § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. §§ 55, 56 Abs. 1, § 33 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) ist nicht begründet. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.04.2009 die Dokumentenpauschale für 260 Kopien in Höhe von 56,50 Euro zu Recht nicht berücksichtigt.
Gemäß Ziffer 7000 Nr. 1 lit. a) des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG kann der Rechtsanwalt für Ablichtungen und Ausdrucke aus Behörden- und Gerichtsakten, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war, eine Kostenpauschale erheben.
Im vorliegenden Fall hat der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers die behördliche Akte eingescannt und die entsprechende CD übersandt, nicht aber einen Kopienblock eingereicht. Ein Ausdruck dieses Scanns hat mithin nicht stattgefunden. Damit ist der Gebührentatbestand von Ziffer 7000 Nr. 1 lit. a) VV RVG nicht erfüllt, denn ein Einscannen kann nicht unter den Begriff der Ablichtung im Sinne des vorgenannten Gebührentatbestandes subsumiert werden.
Eine Ablichtung ist die Herstellung eines Duplikates von einem Schriftstück im Schwerpunkt unter Einsatz eines technischer Hilfsmittels (im Gegensatz zu einer Abschrift mit dem Schwerpunkt auf die manuelle Tätigkeit). Zwar erfüllt auch das Scannen eines Schriftstückes dieses Erfordernis, denn dabei wird das Schriftstück abgetastet und ein Duplikat in elektronischer Form erstellt, mithin zunächst eine ablichtungsgleiche Wirkung erzielt (vgl. BGH GRUR 2002, 246 ff). Ausweislich des Wortlautes des Gebührentatbestandes muss der Begriff Ablichtung hier aber dahingehend - enger - verstanden werden, dass sich an die Duplizierung auch eine Produktion des Duplikates in Papierform anschließt. Dies wird dadurch deutlich, dass der Gesetzgeber die Begriffe “Ablichtung„ und “Ausdruck„ in Ziffer 7000 Abs. 1 VV RVG kumulativ durch “und„ zusammengefasst hat.
Der Begriff des Ausdrucks erfordert immer die Produktion eines elektronischen Duplikates in Papierform. Durch die Erfassung von Ablichtung und Ausdruck in einem Sachzusammenhang wird deutlich, dass der Gesetzgeber auch bei der Ablichtung nicht nur die elektronische Erfassung und Speicherung, sondern gerade die Duplizierung auf Papier vor Augen hatte.
Auch von Sinn und Zweck der Vorschrift her rechtfertigt erst dieses Ergebnis auch die damit korrespondierende Kostenpauschale, mittels derer der Kostenlast des Rechtsanwaltes Rechnung getragen wird. Zwar ist der Rechtsprechung des OLG Bamberg zuzustimmen, dass mit der Dokumentenpauschale der Aufwand an Material abgegolten werden soll (schon fraglich ist hingegen die Auffassung, dass mit der Pauschale auch der Arbeitszeitaufwand abgegolten werden soll, denn dieser dürfte in erster Linie durch die Gebühren entlohnt sein) und der Zeitaufwand beim Einscannen dem des Fotokopierens entsprechen kann und auch beim Einscannen Materialkosten in Form von Geräteanschaffungen anfallen (OLG Bamberg, Beschl. v. 26. 6. 2006, 1 Ws 261/06). Darauf kommt es hier aber nicht an.
Vielmehr erreicht ein simples Erfassen mittels Scanner und anschließender elektronischer Speicherung nicht annähernd die Höhe der laufenden Kosten von Papierausdrucken, die sich aus Kosten für Papier und Toner des Ausdruckgerätes (sei es Drucker oder Fotokopierer) zusammensetzen. Insoweit kann der Auffassung des OLG Bamberg nicht weiter gefolgt werden. Vielmehr ist eine Differenzierung dergestalt vorzunehmen, dass wenn ein Rechtsanwalt mittels moderner technischer Hilfsmittel erhebliche Kosteneinsparungen hat, er eben nicht die Kostenpauschale wie für Ablichtungen erstattet verlangen kann.
Auch die Gefahr, die von der abweichenden Auffassung dahingehend gesehen wird, dass ein an sich nicht notwendiger Ausdruck der eingescannten Schriftstücke erfolgt, damit letztlich doch die Kostenpauschale erhoben werden kann, wird hier nicht gesehen, denn - wie das OLG Bamberg selbst formuliert - ein solcher Ausdruck erfüllt schon mangels Erforderlichkeit nicht die Anforderung an die Erstattungsfähigkeit.
Letztlich führt auch die systematische Einordnung zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Gesetzgeber hat gerade die elektronisch...