Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung: Gewährung eines Gründungszuschusses. Überprüfung des Ermessens der Bundesagentur für Arbeit bei der Entscheidung über den Gründungszuschuss. Zulässigkeit der Berücksichtigung der Vermittlungschance bei der Entscheidung über den Gründungszuschuss
Orientierungssatz
Eine Ermessensausübung im Rahmen der Entscheidung über die Bewilligung eines Gründungszuschusses zur Überwindung einer Arbeitslosigkeit ist nicht deshalb fehlerhaft, weil die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der Abwägung der Vermittlung in ein Beschäftigungsverhältnis eine höhere Gewichtung einräumte als dem Interesse des Arbeitsuchenden auf Förderung der selbständigen Tätigkeit mit einer künftig möglichen höheren Einnahmenerzielung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn bei einem Arbeitsuchenden (hier: Reinigungskraft) zumindest eine durchschnittliche Wahrscheinlichkeit zur Vermittlung in ein Beschäftigungsverhältnis besteht.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander die Kosten nicht zu erstatten.
Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung der Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der von der anwaltlich vertretenen Antragstellerin schriftsätzlich sinngemäß gestellte Antrag,
die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihr den begehrten Gründungszuschuss vorläufig zu gewähren,
hat keinen Erfolg.
Nach § 86 b Abs. 2 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis nur zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die einstweilige Anordnung dient damit lediglich der Sicherung von Rechten eines Antragstellers, nicht aber ihrer Befriedigung. Sie darf grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorweg nehmen. Eine Ausnahme wird in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung für den Fall anerkannt, dass ohne einstweilige Anordnung ein wirksamer Rechtsschutz in der Hauptsache nicht erreicht werden kann und dies im Interesse des Antragstellers unzumutbar wäre (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 11. Auflage, 2014, § 86 b Rn. 31 m. w. N.).
Gemäß § 86 b SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) hat ein Antragsteller glaubhaft zu machen, dass ihm der umstrittene und zu sichernde Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und die Regelung eines vorläufigen Zustandes nötig erscheint (Anordnungsgrund). In den Fällen der Vorwegnahme der Hauptsache - wie hier - sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und -grund strenge Anforderungen zu stellen.
Dabei stellt Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (vgl. Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 12.05.2005, Az: 1 BvR 569/05, veröffentlicht bei Juris).
Wird daher über einen Eilantrag anhand einer Prüfung der mutmaßlichen Erfolgsaussicht in der Hauptsache entschieden, muss das besondere Gewicht grundrechtlich geschützter Begehren der Antragsteller ausreichend gewürdigt werden.
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen dabei nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr verhalten sie sich in einer Wechselbeziehung zueinander, in welcher die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (des Anordnungsgrundes) zu verringern sind und umgekehrt (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl., München 2014, § 86 b Rn. 29). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 29.6.2005 - L 7 AS 1/05 ER u. a., Rn. 28 zitiert nach juris).
Können ohne Gewährung vorläufigen Rechtschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht mehr summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927 ff.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Antragste...