Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung des Arbeitslosengeld II. Nichterfüllung von Pflichten aus Eingliederungsverwaltungsakt. keine inzidente Prüfung der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsakts. weitere wiederholte Pflichtverletzung. Tatbestandswirkung des Sanktionsbescheides über eine weitere Pflichtverletzung

 

Orientierungssatz

1. Im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Sanktionsbescheides nach § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 Alt 2 SGB 2 findet keine inzidente Prüfung der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes statt, sondern nur eine inzidente Prüfung seiner Wirksamkeit (vgl SG Dortmund vom 13.7.2016 - S 32 AS 317/16 ER).

2. Ein vorangegangener wirksamer und bestandskräftiger Sanktionsbescheid, der nach Entscheidungsformel und Begründung erkennbar das Wesen einer Sanktion wegen einer wiederholten Pflichtverletzung besitzt, entfaltet Tatbestandswirkung für das Vorliegen einer weiteren wiederholten Pflichtverletzung.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten zum einen um die Rechtmäßigkeit eines Sanktionsfeststellungsbescheides (kurz: Sanktion / Sanktionsbescheid) des Beklagten nach §§ 31 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (nachfolgend: SGB II), mit dem wegen einer weiteren wiederholten Pflichtverletzung der vollständige Wegfall des Leistungsanspruchs (100 %-Minderung) festgestellt worden ist, und in diesem Zusammenhang um den Umfang der Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. SGB II sowie zum anderen um die Rechtmäßigkeit des dieser Sanktion zugrunde liegenden, den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes (Eingliederungsverwaltungsakt) nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II a. F. (heute: § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II n. F.).

Der Kläger befand sich bei dem Beklagten - prinzipiell, jedoch durch diverse Sanktionen “eingeschränkt„ bzw. “unterbrochen„ (s. u.) - im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Der Beklagte stellte (nach verschiedenen vorangegangenen, bestandskräftig gewordenen Sanktionen, auf dies es hier nicht ankommt) mit Sanktionsbescheid vom 01.12.2015 (Bl. 284 VV) für die Zeit vom 01.01.2016 bis 31.03.2016 (erneut) einen vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II fest. Das Arbeitslosengeld II mindere sich um 679 € monatlich. Im Einzelnen seien von der Minderung betroffen der Regelbedarf und die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die vorangegangenen Bewilligungsbescheide werden insoweit für diesen Zeitraum ganz aufgehoben. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Kläger ein Angebot über ein zumutbares Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund nicht angenommen habe (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II). Wegen mehrerer vorangegangener Pflichtverletzungen liege eine weitere wiederholte Pflichtverletzung vor und falle das Arbeitslosengeld II ganz weg. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2016 (Bl. 300 VV) wegen Fristversäumnisses als unzulässig verworfen. Klage wurde nicht erhoben.

Sodann stellte der Beklagte mit Sanktionsbescheid vom 22.02.2016 (Bl. 316 VV) für die Zeit vom 01.03.2016 bis 31.05.2016 (erneut) einen vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II fest. Das Arbeitslosengeld II mindere sich um 684 € monatlich. Im Einzelnen seien von der Minderung betroffen der Regelbedarf und die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die vorangegangenen Bewilligungsbescheide werden insoweit für diesen Zeitraum ganz aufgehoben. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Kläger entgegen dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 11.11.2015 (Bl. 311 VV) bis zum 30.01.2016 keinerlei Eigenbemühungen (5 Bewerbungen pro Monat) nachgewiesen habe. Wegen mehrerer vorangegangener Pflichtverletzungen liege eine weitere wiederholte Pflichtverletzung vor und falle das Arbeitslosengeld II ganz weg. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2016 (Bl. 344 VV) als unbegründet zurückgewiesen. Klage wurde nicht erhoben.

Am 08.07.2016 erließ der Beklagte (Bekanntgabe durch persönliche Übergabe) einen Eingliederungsverwaltungsakt für den Zeitraum vom 08.07.2016 bis zum 07.01.2017 (Bl. 361 VV), nachdem zuvor eine einvernehmliche Eingliederungsvereinbarung nicht zustande gekommen war (vgl. den Vermerk Bl. 363c VV). In diesem Bescheid wurde im Wesentlichen geregelt, dass der Kläger durch den Beklagten in dem genannten Zeitraum u. a. insofern Unterstützung erfährt, als er Vermittlungsvorschläge erhält, sein Bewerberprofil veröffentlicht wird, Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen und Bewerbungskosten übernommen werden sowie unter bestimmten Voraussetzungen Einstiegsgeld oder ein Eingliederungszuschuss gewährt werden können oder die Teilnahme an einer Maßnahme bei einem Arbeitgeber (Probearbeiten, Praktika) ermöglicht werden kann. Als eigene Eingliederungsbemühungen sah der B...

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