Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Arbeitslosigkeit. Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. faktische Beschäftigungslosigkeit. Nichtanerkennung des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Mobbingopfer. Versetzungsantrag. Verfügbarkeit. Eigenbemühung
Orientierungssatz
1. Weigert sich eine Beschäftigte auf ihren bisherigen Arbeitsplatz in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis wegen Mobbings zurückzukehren, hat sie Anspruch auf Arbeitslosengeld, da eine faktische Beschäftigungslosigkeit vorliegt, die iS von § 138 Abs 1 Nr 1 SGB 3 für eine Beschäftigungslosigkeit genügt.
2. Es ist weder unschädlich, dass die Beschäftigte das Arbeitsverhältnis erst dann kündigen will, wenn sie eine andere Beschäftigung gefunden hat, noch, dass sie versucht, die Wiederaufnahme der Beschäftigung bei dem bisherigen Arbeitgeber durch eine Versetzung zu erreichen.
Tenor
Der Bescheid vom 11. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2016 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab 24. November 2015 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Arbeitslosengeld.
Die Klägerin ist Justizbeschäftigte des Landes NRW. Sie war beim Amtsgericht T eingesetzt. Ab März 2015 war sie arbeitsunfähig. Bis zum 02. November 2015 wurde sie stufenweise in das Erwerbsleben wiedereingegliedert durch Arbeitseinsätze beim Amtsgericht M und T. Ab 03. November 2015 schrieb sie der behandelnde Arzt arbeitsfähig, gab aber an, die Klägerin könne weiterhin nicht beim Amtsgericht T arbeiten. Unter dem 02. November 2015 schrieb der Präsident des OLG I an die Klägerin, er habe den Direktor des Amtsgerichts T gebeten, sie aufzufordern, ihre Tätigkeit beim Amtsgericht T wieder aufzunehmen, weil sie ab 03. November 2015 wieder arbeitsfähig sei. Sie sei als Beschäftigte des Amtsgerichts T mit der Hälfte ihrer Arbeitszeit an das Landgericht I abgeordnet. Wenn sie sich aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sehe, ihren Dienst beim Amtsgericht T zu verrichten, sei sie weiterhin arbeitsunfähig erkrankt. Entgeltfortzahlung könne nicht wieder aufgenommen werden.
Daraufhin meldete sich die Klägerin am 03. November 2015 arbeitslos. Ihrem Arbeitsvermittler erklärte sie am 18. November 2015, sie könne nicht beim Amtsgericht T arbeiten. Daraufhin sei sie vom Arbeitgeber unter Einstellung der Gehaltszahlung freigestellt worden. Krankengeld beziehe sie nicht, weil sie nicht arbeitsunfähig sei. Der Arbeitsvermittler erläuterte der Klägerin die Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Klägerin stellte sich dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zu Verfügung und erklärte, sie wolle den Arbeitgeber nicht wechseln. Am 24. November 2015 erklärte die Klägerin bei einer weiteren Vorsprache dem Arbeitsvermittler, daß sie sich dem Arbeitsmarkt in Vollzeit zur Verfügung stelle. Sie werde zum heutigen Zeitpunkt ihr aktuelles Arbeitsverhältnis beim Land NRW jedoch nicht kündigen. Bei einer möglichen Arbeitsaufnahme müsse die Situation geprüft werden.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 2015 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin stehe in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis. Ihr Arbeitgeber habe darüber hinaus nicht auf sein Direktionsrecht verzichtet. Deswegen sei die Klägerin nicht arbeitslos.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie machte geltend, der Arbeitgeber habe auf sein Direktionsrecht verzichtet. Dazu legte sie ein Schreiben des Direktors des Amtsgerichts T vom 14. Dezember 2015 vor. Darin heißt es im Wesentlichen, die Klägerin habe ihre Arbeit nicht angetreten, obwohl sie keine Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen habe. Die behauptete eingeschränkte Arbeitsfähigkeit für das Amtsgericht T könne nur als Arbeitsunfähigkeit verstanden werden mit der Folge, daß eine Beschäftigung beim Amtsgericht T nicht möglich sei. Insoweit werde für die Dauer dieser Arbeitsunfähigkeit auf das Direktionsrecht verzichtet.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2016 zurückgewiesen. Die Beklagte führte im Wesentlichen aus, der Arbeitgeber habe nicht vollständig auf sein Direktionsrecht verzichtet. Die Klägerin stehe in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis und sei damit nicht arbeitslos.
Daraufhin hat die Klägerin am 10. Februar 2016 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, zwar bestehe noch ein Arbeitsverhältnis mit dem Land NRW, allerdings kein Beschäftigungsverhältnis mehr im Sinne von § 138 SGB III. Ihre Arbeitskraft werde vom Land NRW nicht angenommen. Das Land beschäftigte sie nicht mehr und sei auch nicht bereit, ihr Arbeitsverhältnis örtlich so abzuändern, daß eine Beschäftigung für sie möglich sei. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des SGB III sei auch beendet, wenn der Arbeitnehmer das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht mehr anerkenne. Überdies h...