Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachentrichtungspflicht des Arbeitgebers von Transfer-Kurzarbeiter-Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung

 

Orientierungssatz

Nach § 168 Abs. 2 Nr. 2 SGB 7 dürfen Beitragsbescheide durch den Unfallversicherungsträger mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des beitragspflichtigen Arbeitgebers aufgehoben werden, wenn der Lohnnachweis unrichtige Angaben enthält oder sich die Schätzung als unrichtig erwiesen hat. Der in einer Beschäftigungs-, Auffang- und Qualifizierungsgesellschaft tätige Transfer-Kurzarbeitergeld-Arbeitnehmer ist dort abhängig beschäftigt i. S. von § 7 Abs. 1 SGB 4 und damit Versicherter i. S. des § 2 Abs. 1 S. 1 SGB 7. Bei unterbliebener Beitragszahlung des Arbeitgebers ist dieser gegenüber dem Unfallversicherungsträger zur Beitragsnachzahlung verpflichtet.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 22.09.2009; Aktenzeichen B 2 U 34/08 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert beträgt 94.126,16 EUR.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin für die Beschäftigten Transfer-Kurzarbeitergeld Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung nachzuentrichten hat. Die Klägerin ist eine Beschäftigungs-, Auffang- und Qualifizierungsgesellschaft und seit dem 01.12.1997 Mitglied bei der Beklagten. Am 28.01.2005 erfolgte eine Lohn- und Gehaltsbuchprüfung durch die Beklagte. Auf Grund dieser Prüfung nahm die Beklagte die Klägerin mit Bescheiden vom 04.04.2005 jeweils zu Beiträgen für die Jahre 2000 bis 2003 in Anspruch, für das Jahr 2003 in Höhe von insgesamt 283.011,07 EUR, wovon 94.126,16 EUR auf die Transfer- Kurzarbeitergeldarbeitnehmer entfielen. Hiergegen legte die Klägerin Widersprüche (02.05.2005) ein. Zur Begründung führte die Klägerin aus, dass nach der gesetzlichen Konstruktion die Beschäftigten Transfer- Kurzarbeitergeld bekämen. Daneben erhielten sie auch eine Vergütung von Urlaub und Feiertagen und ggf. Aufstockungsleistungen auf das Kurzarbeitergeld. Urlaubsgeld hinge von den jeweiligen Auftragsgebern ab. Sie, die Klägerin, zahle auch die Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung, auch an der Urlaubs- und Feiertagsvergütung und den Aufstockungsleistungen. Bei der Höhe der Beiträge sei das Kurzarbeitergeld und sowieso der Anteil an der Sozialversicherung unberücksichtigt zu lassen. Das Arbeitsentgelt werde wirtschaftlich gesehen nicht an die Arbeitnehmer gezahlt. Vielmehr werde es in genau der Höhe, wie die Auftragsgeber diese Zahlungen als sogenannte "Remanenzkosten" bereitgestellt hätten, weitergeleitet. Sie, die Klägerin, erhalte für die Betreuung von ca. 100 Beschäftigten für die Dauer eines Jahres ca. 150.000 bis 180.000 EUR. Von dieser Vergütung könnten nicht derart horrende Bescheide an die Beklagte finanziert werden. Eine Nachforderung an die Auftraggeber sei ausgeschlossen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2006 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Sie führte aus, auch die sogenannten Transfer-Kurzarbeitergeld- Arbeitnehmer seien als Beschäftigte des Unternehmens der Klägerin anzusehen und so¬ mit Versicherte im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB VII. Die Personen müssten sich bereithalten, eine zumutbare Arbeit anzunehmen. Sie hätten auch sonstige weitere Pflichten, wie z. B. sich zu melden. Zudem hänge die Zahlung des Kurzarbeitergeldes davon ab, dass es sich bei dem Vertrag um einen Arbeitsvertrag handele, denn dies sei Voraussetzung für die Zahlung des Kurzarbeitergeldes. Auch die Berechnung sei zutreffend.

Gegen diese Widerspruchsbescheide hat die Klägerin am 22.03.2006 Klagen erhoben. Die Klage bezüglich des Beitragsbescheides für das Jahr 2003 soll dabei entschieden werden. In den anderen Verfahren wurden Unterwerfungsvergleiche geschlossen. Die Klägerin ist der Auffassung, sie unterhalte keinen Betrieb. Für die Kurzarbeitergeld- Arbeitnehmer würden keinerlei Räumlichkeiten oder Arbeitsplätze vorgehalten. Es bestünde keine Präsenzpflicht. Insofern könnten die Kurzarbeitergeld-Arbeitnehmer auch nicht in den Betrieb eingegliedert sein. Sie müssten sich auch nicht für zumutbare Arbeiten bereithalten. Dass Meldepflichten im Rahmen der Beratung und Betreuung bestünden oder Praktikumsarbeitsplätze und Beschäftigungsmöglichkeiten gesucht würden, belege nicht eine Eingliederung in einen fremden Betrieb und eine Weisungsgebundenheit. Im Übrigen wiederholt die Klägerin das Vorbringen aus dem Vorverfahren. Die Klägerin hat Musterverträge der Jahre 2000 bis 2004 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 04.04.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2006 auf zu heben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verbleibt ebenfalls bei ihrer Auffassung und führt ergänzend aus, dass bei der Berechnung ausschließlich sozialversicherungspflichtige Entgeltarten berücksichtigt worden seien. lm Übrigen verweist die Beklagte auf ein Urteil des Landessozialgerichts Baden- Württemberg vom 13.11.2003, Az. L7 U 777/03. Wegen des weiteren Sach- und Streitst...

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