Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf große Witwerrente hat.

Der am 1971 geborene Kläger lebte mit der am 1977 geborenen Versicherten in eheähnlicher Lebensgemeinschaft sowie außerdem mit beider am 2010 geborenem Sohn in einer Bedarfsgemeinschaft zusammen. Die Versicherte verstarb am 2018, seinerzeit im Bezug einer Erwerbsminderungsrente. Seitdem lebt der Kläger mit beider Sohn zusammen.

Am 11.7.2018 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung großer Witwerrente.

Mit Bescheid vom 22.11.2018 lehnte die Beklagte diesen Antrag mit der Begründung ab, der Kläger sei kein Witwer im Sinne von § 46 SGB VI. Witwer sei, wer mit einem versicherten Ehegatten bei dessen Tod verheiratet gewesen sei. Dies setze den Bestand einer wirksam geschlossenen Ehe voraus. Eine solche Ehe habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt mit der verstorbenen Versicherten geschlossen gehabt.

Am 17.12.2018 erhob der Kläger mit der Begründung Widerspruch, er sei jedenfalls ein "faktischer Witwer" und als solcher im Zusammenhang mit seinem Rentenbegehren genauso wie ein Witwer im Rechtssinne zu behandeln. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass er es seit längerem beabsichtigt habe, mit der verstorbenen Versicherten die Ehe zu schließen, wozu es zugestandenermaßen infolge Todes nicht mehr habe kommen können. Darüber hinaus habe die Beklagte außer Acht gelassen, dass der gemeinsame Sohn mit ihnen zusammen in einer Bedarfsgemeinschaft gelebt habe. Beide Gesichtspunkte, eheähnliche Lebensgemeinschaft sowie Nichtehelichenstatus des gemeinsamen Sohnes, erforderten es, ihn als "faktischen Witwer" genauso zu behandeln wie einen Witwer.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.1.2019 wies die Beklagte den Widerspruch im wesentlichen mit der Begründung des angefochtenen Bescheides als unbegründet zurück.

Am 28.1.2019 hat der Kläger mit der ergänzenden Begründung Klage erhoben, aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 9.11.2004, Az. 1 BvR 684/98, ergebe sich, dass es mit dem GG unvereinbar sei, dass der überlebende Lebensgefährte einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, der nach dem gewaltsamen Tod des anderen Lebensgefährten die Betreuung des gemeinsamen Kindes übernehme, nicht in den Kreis der Versorgungsberechtigten nach dem OEG einbezogen werde, was deshalb zu geschehen habe. Dies müsse für ihn als Witwerrentenbewerber in der gesetzlichen Rentenversicherung ebenso gelten.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.11.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.1.2019 zu verurteilen, ihm ab 1.7.2018 große Witwerrente zu gewähren, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf die angefochtenen Bescheide.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Kammer folgt der Begründung des angefochtenen Bescheides und sieht insoweit gemäß § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Im Übrigen merkt die Kammer ergänzend folgendes an:

Entgegen der Auffassung des Klägers verletzen die angefochtenen Bescheide in keiner erdenklichen Weise das GG, sodass der Klage auch im Sinne des Hilfsantrages keine Erfolgsaussicht beizumessen ist.

Art. 6 Abs. 1 GG, der - auch - die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, ist nicht dadurch verletzt, dass nach Maßgabe von § 46 SGB VI eine Hinterbliebenenversorgung für Witwen und Witwer besteht, nicht hingegen für überlebende Lebensgefährten einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Diese Verfassungsnorm versteht unter Ehe ausschließlich die Vereinigung zweier Menschen - nach altem bis zum 30.9.2017 geltenden Recht: von Mann und Frau; seit 1.10.2017: auch zwischen gleichgeschlechtlichen Menschen - nach Maßgabe der entsprechenden Institutsgarantie des GG kraft wirksamer Eheschließung zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft. Der Begriff der Ehe kann nicht in dem Sinne erweiternd ausgelegt werden, dass er auch eheähnliche Lebensgemeinschaften umfasst. Dies gilt ebenso für eheähnliche Lebensgemeinschaften samt gemeinsamen Kindern. Schließlich umfasst der verfassungsrechtliche Schutz der Ehe nicht erst vor einer beabsichtigten Eheschließung stehende eheähnliche Lebensgemeinschaften, sondern gewährleistet während dieses Zeitraumes eines noch ungeklärten familienrechtlichen Status dementsprechend lediglich die Eheschließungsfreiheit (vgl. zum Ganzen ebenso BVerfG, Beschluss vom 9.11.2004, Az. 1 BvR 684/98, Rdnrn. 48 f.).

Durch die gemäß § 46 SGB VI geregelte Begrenzung von Renten wegen Todes auf Witwen und Witwer wird ferner Art. 6 Abs. 1 GG nicht verletzt, soweit es den durch diese Verfassungsnorm gebotenen Schutz der Familie betrifft. Zugestandenermaßen bildet der Kläger mit seinem Sohn, mit dem er nach dem Tod der Versicherten zusammenlebt, eine Familie im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG. Allerdings hat der Gesetzgeber bei der ...

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