Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt. Übernahme einer Stromkostennachforderung. zusätzlicher Bedarf. Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwassererzeugung. Festlegung eines von der Pauschale abweichenden Bedarfs. fehlender Nachweis
Orientierungssatz
1. § 30 Abs 7 S 2 SGB 12 erlaubt die Festlegung eines von der vorgegebenen Pauschale abweichenden Bedarfs bis zur Höhe der tatsächlichen bzw angemessenen Kosten.
2. § 30 Abs 7 SGB 12 erlaubt auch die Übernahme einmaliger Nachforderungen.
3. Der Nachweis eines nach oben abweichenden Bedarfs an Warmwasser bzw Kosten für die Warmwasserbereitung ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn die anfallenden Kosten konkret erfasst werden können.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übernahme einer Stromnachzahlung i.H.v. € 49,79, die Nachzahlung weiterer von ihr zum Ausgleich ihrer Stromrechnungen eingesetzter € 16,32 für die Zeit von Januar bis einschließlich Dezember 2011 sowie die Übernahme der aus dem Regelsatzanteil für Haushaltsstrom und dem Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung nicht gedeckten Stromkosten für die Zeit von Januar bis Februar 2012.
In der Wohnung der Klägerin wird das Wasser im Badezimmer durch einen Durchlauferhitzer erwärmt, ihre Küche lediglich mit kaltem Wasser versorgt. Es gibt keine Vorrichtung, um den Stromverbrauch des Durchlauferhitzers isoliert zu erfassen. Die Klägerin badet einmal in der Woche und duscht einmal in der Woche ca. 10 Minuten. Zusätzlich wäscht sie sich zweimal pro Woche die Haare und pro Tag mehrmals die Hände. Sie verfügt über folgende stromverbrauchende Geräte: Licht, Föhn, Radio, TV, Bügeleisen, Telefon, Herd, Kühlschrank, Waschmaschine, Spülmaschine, Mikrowelle, Staubsauger.
Die Klägerin erhielt langjährig Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Nach rückwirkender Bewilligung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung im Januar 2010 schied sie mit Ablauf des 28.02.2010 aus dem SGB II-Bezug aus. Seit dem 01.03.2010 gewährte die Beklagte ihr laufende Leistungen nach dem 3. Kapitel des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Mit Bescheid vom 10.08.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin als Folge der Einführung des § 30 Abs. 7 SGB XII durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (BGBl I 2011, 453) rückwirkend ab dem 01.01.2011 einen monatlichen Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung nach § 30 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 SGB XII (fortan: Warmwasserpauschale) in Höhe von damals € 8,37.
Am 11.10.2011 beantragte die Klägerin unter Vorlage der Rechnung ihres Stromversorgers markE vom 21.09.2011 die Übernahme der darin ausgewiesenen und zum 06.10.2011 fällig werdenden Nachforderung i.H.v. € 49,79 als Beihilfe. Sie betonte ausdrücklich, die Gewährung eines Darlehens zum Ausgleich der Nachforderung nicht zu beantragen.
Mit Bescheid vom 14.10.2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Eine Stromkostennachzahlung als Beilhilfe komme nicht in Betracht, weil im monatlich gewährten Regelsatz bereits ein Anteil zur Deckung des Bedarfes an Haushaltsstrom enthalten sei. Daneben sehe das SGB XII keinen Anspruch auf eine einmalige Beihilfe zur Deckung einer Nachforderung von Stromkosten vor. Möglich sei eine Übernahme der Nachforderung als Darlehen gem. § 37 Abs. 1 SGB XII, die - falls jetzt doch gewünscht - kurzfristig beantragt werden könne.
Unter dem 02.11.2011 legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, die ihr monatlich zusätzlich zum Regelsatz gewährte Warmwasserpauschale i.H.v. € 8,37 sei nicht ausreichend und nach den gesetzlichen Vorgaben seien die Stromkosten für die Warmwasserzubereitung in voller Höhe vom Leistungsträger zu übernehmen. Deshalb habe die Beklagte sowohl die Nachforderung des Stromversorgers i.H.v. € 49,79 als auch weitere € 16,32 für den Zeitraum von Januar bis einschließlich Dezember 2011 zu erstatten. Der Betrag von € 16,32 ergebe sich, wenn man von dem tatsächlich von der Klägerin an den Stromversorger gezahlten monatlichen Abschlag (€ 38) den im Regelsatz für Haushaltsenergie enthaltenen Betrag (€ 28,27) und die Warmwasserpauschale nach § 30 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 SGB XII (€ 8,37) abziehe und das Ergebnis mit 12 multipliziere.
Der Widerspruch wurde nach Beteiligung sozial erfahrender Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 29.02.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Der Regelsatz umfasse in vollem Umfang auch die Aufwendungen für die Haushaltsenergie. Es obliege der Selbstverantwortung und dem Selbstbestimmungsrecht der Klägerin, ihren Stromverbrauch zu steuern und zu entscheiden, ob sie mit dem ihr eingeräumten Budget für Strom auskommen wolle. Vor diesem Hintergrund sei es nicht zulässig, zusätzliche Bedarfe wie etwa erhöhte Stromkosten im Rahmen des Regelbedarfs oder der Warmwasserpauschale nach § 30 Abs. 7 Sa...