Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Sachleistungsanspruch nach Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB 5 nicht auf den Leistungskatalog der GKV beschränkt. alternativ Selbstbeschaffung der Leistung (hier: Medizinal-Cannabisblüten) durch Versicherten nach § 13 Abs 3a S 7 SGB 5 möglich
Orientierungssatz
1. Der Wortlaut des § 13 Abs 3a S 6 SGB 5 knüpft die Genehmigungsfiktion ausschließlich daran, dass innerhalb der Frist keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes für die verzögerte Bearbeitung erfolgt. Eine Einschränkung dahingehend, dass sich diese Genehmigungsfiktion nur auf solche Leistungen bezieht, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören und die medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich sind, enthält die Vorschrift nicht.
2. Ein Versicherter kann den Eintritt der Genehmigungsfiktion zum Anlass nehmen, entweder von der Krankenkasse die Leistung zu verlangen oder sich gem § 13 Abs 3a S 7 SGB 5 die Leistung selbst zu beschaffen (vgl SG Nürnberg vom 30.4.2015 - S 7 KR 496/14).
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid vom 28.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2014 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten für die monatliche Versorgung des Klägers mit 56 g Cannabisblüten entsprechend der ärztlichen Verordnung des behandelnden Arztes aus vom 05.09.2013 zu tragen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für Medizinal-Cannabisblüten.
Der am XX geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger erhielt am 30.08.2013 von der Bundesopiumstelle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vorab die telefonische Mitteilung, dass er eine Ausnahmeerlaubnis nach §3 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten im Rahmen einer ärztlich begleiteten Selbsttherapie erhalten werde. Der Kläger beantragte daraufhin am 09.09.2013 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für Cannabisblüten. Dem Antrag lag ein Schreiben des behandelnden Arztes Dr. aus bei, der ausführte, dass der Kläger über 4 Wochen einen Bedarf von 56g Cannabisblüten habe. Dies verursache laut eines Kostenvoranschlags der in Kosten in Höhe von 1356,99 EUR. Das sei vom Kläger nicht finanzierbar. Aufgrund des nach einem schweren Badeunfalls mit mehrfacher Halswirbelsäulenkörperfraktur und schweren Nachfolgeschäden irreversibel entstandenen schweren chronischen Schmerzzustandes sei eine Behandlung mit Cannabisblüten dringend erforderlich.
Mit Schreiben vom 13.09.2013 wandte sich die Beklagte an den Kläger und führte folgendes aus: Der Kläger habe zwar eine Sondergenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte erhalten und könne so unter Betreuung seines Arztes Cannabisblüten über eine bestimmte Apotheke unter Überwachung der Behörde zur Selbstbehandlung beziehen. Damit werde aber lediglich die juristische Strafverfolgung des Betäubungsmittelgesetzes ausgesetzt. Die Genehmigung sage jedoch nichts über die Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Die Rechtslage dazu sei unverändert. Weder gebe es zugelassene Arzneimittel in Deutschland noch habe der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine Bewertung erteilt. Zudem sei medizinisch die Gabe von Cannabis bei chronischem Schmerzsyndrom nicht erwiesen und umstritten. Daher könne weder aus der Rechtslage heraus noch medizinisch/pharmazeutisch eine Kostenübernahme empfohlen werden. Um über den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) prüfen zu lassen, welche zugelassenen Alternativen für den Kläger in Betracht kommen könnten, werde um Übersendung ausführlicher Befundunterlagen über Art und Dauer der Schmerzzustände sowie der bisher erfolgten Behandlung gebeten.
Mit Bescheid vom 18.09.2013 erhielt der Kläger die Erlaubnis zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten nach § 3 Abs. 1 BtMG .. Mit Schreiben vom 26.09.2013 bat der Kläger die Beklagte um einen schriftlichen Ablehnungsbescheid.
Mit Schreiben vom 01.10.2013 bat die Beklagte erneut um die Übersendung der ärztlichen Unterlagen, um eine Begutachtung durch den MDK zu veranlassen. Am 08.10.2013 reichte der Kläger bei der Beklagten einen ausführlichen ärztlichen Bericht es behandelnden Arztes Dr. vom 09.07.2013 ein, den dieser im Rahmen des Verfahrens über die Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach § 3 BtMG erstellt hatte. Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten des MDK ein. Der Gutachter Dr. kam in seinem Gutachten vom 16.10.2013 im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass der Kläger bereits fünf Medikamente auf Morphinbasis erhalte und ein cannabishaltiges Präparat. Das Erfordernis der Hinzunahme eines weiteren Betäubungsmittels lasse sich nicht herleiten. Auch stünden alternativ viele andere analgetisch wirkende Medikamente zur Verfügung.
Mit Schreiben vom 21.11.2013 fragte der Kläger nach dem aktuellen Stand und ...