Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Dem Antragsteller wird für diesen Rechtszug für die Zeit ab dem 21.10.2016 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt N T aus E beigeordnet.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (nachfolgend: SGB II) dem Grunde nach.

Streitig ist, ob der Antragsteller, der die bulgarische Staatsangehörigkeit besitzt, in den Anwendungsbereich des Leistungsausschlusses gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II fällt, und ob ihm bejahendenfalls stattdessen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (nachfolgend: SGB XII) zustehen.

Sowohl der am 20.09.2016 bei Gericht anhängig gemachte (nachfolgend teilweise sinngemäß, teilweise wörtlich wiedergegebene) Antrag,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Eilantrages (20.09.2016) bis zu einer bestandskräftigen bzw. rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache "Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe, zumindest vorläufig, zu gewähren",

den die Kammer hinsichtlich der Formulierung "zumindest vorläufig" als hilfsweise auf die vorläufige Gewährung vorläufiger Leistungen nach § 43 Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (nachfolgend: SGB I) bezogen auslegt, als auch der (sinngemäß) konkludent gestellte Hilfsantrag,

hilfsweise die Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Eilantrages (20.09.2016) bis zu einer bestandskräftigen bzw. rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII in gesetzlicher Höhe,

haben keinen Erfolg.

Haupt- und Hilfsantrag sind jeweils als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch unbegründet. Folglich war der Eilantrag insgesamt abzulehnen.

1. Zum Hauptantrag (Verpflichtung des Antragsgegners durch Regelungsanordnung gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur vorläufigen Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19 ff. SGB II dem Grunde nach, hilfsweise zur vorläufigen Gewährung von vorläufigen Leistungen nach § 43 SGB I dem Grunde nach):

Der zulässige Hauptantrag ist unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt somit voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (sog. Anordnungsanspruch) und dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (sog. Anordnungsgrund).

Eilbedürftigkeit besteht, wenn dem Betroffenen ohne die Eilentscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 = juris (Rn. 23); BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 - 1 BvR 1087/91 - BVerfGE 93, 1 = juris (Rn. 28)). Der gemäß Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) von den Gerichten zu gewährende effektive Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit. Daraus folgt, dass gerichtlicher Rechtsschutz namentlich in Eilverfahren so weit wie möglich der Schaffung solcher vollendeter Tatsachen zuvorzukommen hat, die dann, wenn sich eine Maßnahme bei (endgültiger) richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 a. a. O.).

Der geltend gemachte (Anordnungs-)Anspruch und die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 - B 9 V 23/01 B - juris (Rn. 5) m. w. N.), wenn also mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.03.2013 - L 5 AS 107/13 B ER - juris (Rn. 32) m. w. N.).

Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrec...

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