Nachgehend

BSG (Beschluss vom 01.08.2022; Aktenzeichen B 12 KR 1/22 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob aus zwei Kapitalleistung Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten sind.

Der Kläger bezog bis zum 30.12.2014 Arbeitslosengeld von der Bundesagentur für Arbeit und war aufgrund dessen bei der Beklagten versicherungspflichtig krankenversichert. Seit dem 01.01.2015 erhielt er eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung und war deshalb in der Krankenversicherung der Rentner versicherungspflichtig. Am 01.11.2014 und 01.12.2014 erhielt der Kläger von der ERGO-Lebensversicherung AG zwei Kapitalleistungen ausgezahlt, die in Höhe von 48.697,07 und 41.563,28 EUR eine Kapitalleistung der betrieblichen Altersversorgung darstellten.

Mit Bescheid vom 06.01.2015 machte die Beklagte mit Wirkung vom 01.12.2014 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 71,22 EUR sowie ab dem 01.01.2015 in Höhe von monatlich 72,44 EUR unter Berücksichtigung von monatlichen Einnahmen in Höhe von 405,81 EUR geltend, wobei 1/120 des Zahlbetrages von 48.697,07 EUR als Ausgangswert für die Beitragsberechnung zugrunde gelegt wurden.

Mit einem weiteren Bescheid vom 06.01.2015 erhob die Beklagte mit Wirkung vom 01.01.2015 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 61,83 EUR unter Berücksichtigung von monatlichen Einnahmen in Höhe von 346,36 EUR, wobei 1/120 des Zahlbetrages von 41.563,28 EUR als Ausgangswert für die Beitragsberechnung zugrunde gelegt wurden.

Den gegen diese Bescheide erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2015 zurück. Bei Beziehern von Arbeitslosengeld unterlägen gemäß § 232 a i. V. m. §§ 226 und 229 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) neben dem Arbeitslosengeld auch rentenvergleichbare Einnahmen der Beitragspflicht zur Krankenversicherung. Zu diesen Versorgungsbezügen zählten Renten der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- bzw. Hinterbliebenenversorgung erzielt würden, § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V. Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG), das am 01.01.2004 in Kraft getreten sei, unterlägen auch kapitalisierte Leistungen der Beitragspflicht, wenn eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalles vereinbart oder zugesagt worden sei. Dabei gelte gemäß § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V 1/120 der Versicherungsleistung als monatlicher Zahlbetrag, längstens für 120 Monate. Die Beitragspflicht von Einmalzahlungen bewirke eine Gleichstellung mit den Versicherten, deren Betriebsrenten monatlich ausgezahlt würden. Bei krankenversicherungspflichtigen Rentenantragstellern ergebe sich die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen aus §§ 239, 240 i. V. m. § 229 SGB V und bei krankenversicherungspflichtigen Rentnern aus §§ 237 i. V. m. § 229 SGB V. Das Gesetz differenziere nicht danach, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Voraussetzungen die Lebensversicherungsverträge abgeschlossen worden seien. Das seit dem 01.01.2004 geltende Recht sei mithin auch auf die Kapitalzahlungen aus Verträgen der betrieblichen Altersversorgung anzuwenden, die vor dem 01.01.2004 abgeschlossen worden seien. Eine Übergangsregelung, die die Beitragspflicht für zuvor abgeschlossene Lebensversicherungsverträge ausschließe, existiere nicht. Das Bundessozialgericht habe in zahlreichen Verfahren über die Rechtmäßigkeit dieser Regelungen geurteilt. Es habe u. a. mit den Urteilen vom 13.09.2006 - Az. B 12 KR 1/06 R und B 12 KR 17/06 R - sowie vom 25.04.2007 - Az. B 12 KR 25/05 R und B 12 KR 26/05 R - entschieden, dass es sich immer dann um eine beitragspflichtige Rente der betrieblichen Altersversorgung handele, wenn ein formaler Bezug zum Arbeitsleben bestehe. Hierbei sei es ausreichend, dass der Arbeitgeber Versicherungsnehmer sei und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt seien. Unterschieden werde nicht, ob und in welchem Umfang die den Bezügen zugrunde liegenden Aufwendungen von den Versicherten selbst getragen worden seien. Auch habe das Bundessozialgericht keine Rücksicht darauf genommen, ob auf die dafür eingesetzten Beiträge bereits Krankenversicherungsbeiträge erhoben worden seien. Eine Einschränkung bestehe lediglich insoweit, als dass im Falle des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis es zu einer Übertragung des Vertrages auf den Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer komme; dann gelte dieser Teil nicht als Rente der betrieblichen Altersversorgung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.09.2010 - Az. 1 BvR 1660/08). Nach den vorliegenden Unterlagen seien die vom Kläger ursprünglich privat abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge vom ehemaligen Arbeitgeber am 01.01.1986 bis zum 01.01.2013 als Direktversicherung fortgeführt worden. Die jeweiligen Leistungen, die au...

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