Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Anrechnung von Einkommen auf den Hilfebedarf. Berücksichtigung eines Bonus für einen Stromanbieterwechsel als Einkommen

 

Orientierungssatz

Ein als Geldbetrag gezahlter Bonus, der an einen Kunden eines Energielieferungsvertrages für den Wechsel zu einem neuen Energielieferer ausgezahlt wird, ist im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende als Einkommen zu berücksichtigen und entsprechend auf den Hilfebedarf anzurechnen. Entsteht die Forderung aus dem Bonus nach Erlass eines Grundsicherungsbescheides, ist die durch den Bescheid festgesetzte Leistung entsprechend unter Anrechnung des Bonusbetrags neu zu berechnen und festzusetzen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Berufung und Sprungrevision werden zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids, der den Monat Juni 2018 betrifft. Der 1956 geborene, erwerbsfähige Kläger und seine mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt lebende, 1978 geborene Ehefrau stehen seit längerer Zeit beim Beklagten im Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Die Kosten für die von dem Kläger und seiner Ehefrau bewohnte Wohnung mit dezentraler Warmwasseraufbereitung setzten sich im streitgegenständlichen Zeitraum wie folgt zusammen:

Grundmiete 340,00 EUR Nebenkostenvorauszahlung 109,00 EUR Heizkostenvorauszahlung 56,00 EUR Summe 505,00 EUR

Der Kläger und seine Ehefrau verfügten im streitgegenständlichen Zeitraum über kein Vermögen in entscheidungserheblichem Umfang. Einkommen war im streitgegenständlichen Monat nicht vorhanden. Auch ist in den Vormonaten kein Einkommen erzielt worden mit Ausnahme einer Wechselprämie des Stromanbieters, deren Behandlung zwischen den Beteiligten streitig ist, und mit Ausnahme von Kindergeld für die damals noch im elterlichen Haushalt lebende, 1999 geborene Tochter des Klägers und seiner Ehefrau.

Mit Bescheid vom 18.05.2017 - geändert durch Änderungsbescheide vom 25.11.2017, 06.04.2018 und 26.04.2018 - bewilligte der Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau Arbeitslosengeld II, unter anderem für den streitgegenständlichen Monat. Die für Juni 2018 zuletzt bewilligten Leistungen betrugen für den Kläger 635,10 EUR, wovon 382,60 EUR auf den Regel- und Mehrbedarf entfielen.

Zum 01.04.2018 wechselten der Kläger und seine Ehefrau den Stromanbieter. In dem Auftrag für den Stromversorgerwechsel wurde der Preis in der Weise aufgeschlüsselt, dass ausgehend von einer Verbrauchsannahme von 6.000 kWh/Jahr, einem Arbeitspreis von 25,98 ct/kWh und einem Grundpreis von 191,44 EUR/Jahr ein Bruttopreis von 1.750,24 EUR im ersten Jahr ausgewiesen wurde. Hiervon in Abzug gebracht wurden ein Sofortbonus von 242,00 EUR und ein Arbeitspreisrabatt von 2 ct/kWh, so dass sich der Bruttopreis im ersten Jahr auf 1.388,24 EUR verringerte. Nach dem Begrüßungsschreiben des neuen Stromanbieters betrug der monatliche Abschlag 131,00 EUR. Es wurde mitgeteilt, dass eine Preisgarantie bis zum 31.03.2019 bestehe. An diesem Tag ende auch die Vertragslaufzeit. Der Sofortbonus wurde dem Girokonto der Ehefrau des Klägers am 02.05.2018 gutgeschrieben.

In der Folgezeit wurden die vom Beklagten für den streitgegenständlichen Monat für den Kläger und seine Ehefrau bewilligten Leistungen auf das Girokonto des Klägers überwiesen. Einbehalten wurde dabei allerdings aufgrund schriftlicher Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beklagten ein Teilbetrag von 175,64 EUR, weil für den Monat Mai 2018 in dieser Höhe zu Unrecht noch Leistungen für die nicht mehr im elterlichen Haushalt lebende Tochter des Klägers auf dessen Konto überwiesen worden waren.

Der Beklagte hörte den Kläger wegen der zugeflossenen Bonuszahlung an zum Erlass eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids. Der Kläger teilte mit, dass er den Strom aus dem Regelbedarf bezahle. Somit habe der Beklagte kein Anrecht auf Bonuszahlungen oder eine Rückerstattung. Am Ende des Jahres werde der Bonus verrechnet.

Mit Bescheid vom 24.07.2018 hob der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 18.05.2017 sowie die nachfolgenden Änderungsbescheide vom 25.11.2017, 06.04.2018 und 26.04.2018 gegenüber dem Kläger für den Monat Juni 2018 wegen eines auf den Regelbedarf entfallenden Teilbetrags von 91,00 EUR auf. Dieser Betrag sei zu erstatten und werde ab 01.09.2018 im Wege der Aufrechnung gegenüber dem Leistungsanspruch des Klägers geltend gemacht. Der monatliche Aufrechnungsbetrag betrage 37,40 EUR. Zur Begründung des Aufhebungs- und des Erstattungsteils verwies der Beklagte auf den zugeflossenen Strombonus. Es handele sich um anzurechnendes Einkommen, weil kein Bezug zwischen dem Bonus und den für Strom zu leistenden Vorauszahlungen bestehe. Bei der Berechnung des Umfangs der Aufhebung ging der Beklagte davon aus, dass der Sofortbonus jeweils hälftig bei dem Kläger und seiner Ehefrau zu berücksichtigen sei. Der Anrechnungsbetrag vermindere sich wegen der V...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?