Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzversorgung im Beitrittsgebiet. tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt. Jahresendprämie
Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers ist der Verdienst iS des § 6 Abs 1 S 1 AAÜG nach den §§ 14ff SGB 4 und den dort in Bezug genommenen bundesdeutschen Normen (insbesondere des Einkommenssteuerrechts) zu bestimmen, wie sie am 1.8.1991 galten.
2. Jahresendprämien sind mit einem Prozentsatz des durchschnittlichen Monatsverdienstes gemäß § 6 Abs 6 AAÜG als glaubhaft gemachter Verdienst zu 5/6 zu berücksichtigen, wenn der Prozentsatz in einem Betriebskollektivvertrag festgelegt war und die tatsächliche Zahlung mindestens in dieser Höhe durch Zeugen glaubhaft bestätigt wird.
Orientierungssatz
Zur Frage der Vereinbarkeit der einschränkungslosen Anwendung des am 1.8.1991 geltenden bundesdeutschen Verdienstbegriffs auf die zu DDR-Zeiten erzielten Einkünfte im Rahmen des AAÜG mit Art 3 Abs 1 GG.
Tenor
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 14.5.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.7.2008 verpflichtet, unter Abänderung des Bescheides vom 25.7.2007 die in den Jahren 1974 bis 1977 und 1985 bis 1990 zugeflossene Jahresendprämie als zusätzlichen Verdienst wie folgt festzustellen:
Das jeweils im Vorjahr im Bescheid vom 25.7.2007 festgestellte Arbeitsentgelt wird durch zwölf geteilt und dann zu 80 % als glaubhaft gemachter Verdienst (fünf Sechstel von 80 %) zusätzlich berücksichtigt, wobei für das Jahr 1985 ein Vorjahresbetrag von 19.679,00 Mark der DDR angesetzt wird.
II. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) Jahresendprämien in den Jahren 1974 bis 1977 und 1985 bis 1990 als zusätzlichen Verdienst festzustellen.
Der 1947 geborene Kläger erwarb nach einem Hochschulstudium in der Fachrichtung Fahrzeugtechnik am 16.6.1972 den akademischen Grad “Diplom-Ingenieur„. Als solcher arbeitete er zunächst bis 31.1.1973 beim VEB Waggonbau Dessau als Konstrukteur und ab 1.2.1973 beim VEB KOSORA Dresden, zunächst ebenfalls als Konstrukteur, vom 1.1.1979 bis 31.12.1983 als Gruppenleiter Konstruktion und vom 1.1.1984 zumindest bis 30.6.1990 als Gruppenleiter Forschung und Entwicklung.
In Ausführung des Ergebnisses eines einvernehmlich beendeten Klage- und Berufungsverfahrens stellte die Beklagte mit Bescheid vom 25.7.2007 die Anwendbarkeit des AAÜG gemäß § 1 AAÜG sowie die Zugehörigkeit des Klägers zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVItech) in der Zeit vom 16.6.1972 bis 31.12.1977 und vom 1.1.1985 bis 30.6.1990 nebst der in diesen Zeiten erzielten Arbeitsentgelte und angefallenen Arbeitsausfalltage fest. Dabei legte die Beklagte insbesondere die ihr vom Rechtsnachfolger des VEB KOSORA für die Zeit vom 1.2.1973 bis 30.6.1990 mitgeteilten Jahresarbeitsverdienste zugrunde.
Am 13.12.2007 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 25.7.2007 hinsichtlich der Höhe der festgestellten Arbeitsverdienste, weil er nach der beigefügten schriftlichen Erklärung der ehemaligen Direktorin für Ökonomie und Absatz bzw. Hauptbuchhalterin des VEB KOSORA vom 7.11.2007 in diesem Betrieb jedes Jahr etwa 88 % seines Bruttomonatslohnes als Jahresendprämie erhalten habe. Dies sei nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG zu berücksichtigen.
Nachdem der Rechtsnachfolger des VEB auf Anfrage mitgeteilt hatte, keine Unterlagen über gezahlte Jahresendprämien mehr zu haben, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 14.5.2008 mangels ausreichender Nachweise ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch vom 23.5.2008, mit dem der Kläger geltend machte, es gehe ihm nur um eine Glaubhaftmachung, d. h. die Anerkennung der Jahrsendprämie als zusätzlichen Verdienst zu fünf Sechsteln, wies die Beklagte mit Widerspruchbescheid vom 25.7.2008 zurück, weil die schriftliche Zeugenerklärung der Hauptbuchhalterin selbst für eine Glaubhaftmachung nicht reiche. Die Hauptbuchhalterin habe keine konkreten Angaben zum Zufluss der Jahresendprämie gerade an den Kläger machen können.
Mit seiner Klage vom 28.8.2008 wendet der Kläger dagegen ein, dass die Angaben der Hauptbuchhalterin zumindest für eine Glaubhaftmachung ausreichend seien. Zudem lege er noch eine gemeinsame Erklärung des Betriebsdirektors, der Hauptbuchhalterin, des Justitiars, des Direktors für Technik und des Direktors des Ingenieurbüros des VEB KOSORA von Januar 2008 vor, worin die grundsätzliche Zahlung von Jahresendprämien an die Mitarbeiter des VEB KOSORA ebenfalls bestätigt werde.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 14.5.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.7.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheides vom 25.7.2007 den Zufluss von einmaligem Arbeitsentgelt (Jahresendprämie) in den Jahren 1974 bis 1977 und 1985 bis 1990 als zusätzlic...