Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattung von Kosten im Vorverfahren. erfolgreicher Widerspruch. Widerspruch gegen einen Rücknahme- und Erstattungsbescheid. Unzulässigkeit des Widerspruchs gegen die Rücknahme. Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen die Leistungsbewilligung. Zulässigkeit des Widerspruchs gegen die Erstattung

 

Orientierungssatz

1. Ein Rücknahme- oder Aufhebungsbescheid ändert die ursprüngliche Leistungsbewilligung direkt ab. Ergeht also während eines laufenden Widerspruchsverfahrens gegen die Leistungsbewilligung eine Aufhebungsentscheidung, so wird diese automatisch gem § 86 SGG Gegenstand des bereits anhängigen Widerspruchsverfahrens. Ein weiterer Widerspruch ist unzulässig.

2. Eine auf § 50 SGB 10 gestützte Erstattungsentscheidung wird nicht gem § 86 SGG Bestandteil eines bereits anhängigen Widerspruchsverfahrens gegen einen Bewilligungsbescheid.

 

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Abänderung seines Widerspruchsbescheides vom 21.02.2013 verurteilt, die notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens W 2366/13 zu 50 % zu erstatten.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte erstattet die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 50 %.

4. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Abänderung der Kostenentscheidung des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 21.02.2013 (Widerspruchsaktenzeichen W 2366/13).

Die Klägerin erhielt gemeinsam mit ihrem zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Ehemann Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Mit Bescheid vom 05.01.2012 wurden der Klägerin und ihrem Ehemann Leistungen für den Zeitraum 01.02. bis 31.07.2012 vorläufig bewilligt. Die Vorläufigkeit der Bewilligung beruhte darauf, dass der Ehemann der Klägerin Erwerbseinkommen in monatlich unterschiedlicher Höhe erzielte. Am 05.09.2012 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid und bewilligte Leistungen für den Zeitraum 01.02. bis 30.06.2012 nunmehr endgültig, wobei die Klägerin und ihr Ehemann unter anderem für Mai 2012 eine Nachzahlung in Höhe von 814,58 € erhielten. Gegen diesen Bescheid legte sowohl die Klägerin als auch ihr Ehemann vertreten durch den Prozessbevollmächtigten am 01.10.2012 Widerspruch ein, der unter dem Aktenzeichen W 12344/12 registriert wurde.

Mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 09.01.2013 wurde sodann die Leistungsbewilligung vom 05.09.2012 für den Zeitraum 01.05. bis 31.05.2012 gegenüber der Klägerin teilweise in Höhe von 342,56 € nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X zurückgenommen und die Erstattung dieses Betrages verlangt. Als Begründung hierfür wurde genannt, dass die Anrechnung des an den Ehemann der Klägerin gezahlten Krankengeldes nunmehr in voller Höhe erfolge und nicht mehr anteilig auf sechs Monate aufgeteilt werde und der Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Bewilligung vom 05.09.2012 bekannt gewesen sei. Die Rechtsbehelfsbelehrung lautete, dass gegen diesen Bescheid Widerspruch erhoben werden könne. Dies tat die Klägerin vertreten durch ihren Bevollmächtigten mit Widerspruchsschreiben vom 21.01.2013, der unter dem Aktenzeichen W 2366/13 registriert wurde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2013 verwarf der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.01.2013 (W 2366/13) als unzulässig. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Bescheid vom 09.01.2013 bereits gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bestandteil des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 05.09.2012 (W 12344/12) geworden sei. Der Beklagte entschied daher auch, dass eine Kostenerstattung nicht erfolgen könne.

Mit Bescheid vom 26.02.2013 änderte der Beklagte den Bescheid vom 05.09.2012 für den Zeitraum 01.05. bis 31.07.2012 ab und berücksichtigte im Monat Mai das Krankengeld erneut als einmalige Einnahme. Leistungen wurden daher für Mai 2012 in derselben Höhe wie im Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 09.01.2013 festgesetzt. Allerdings stellte der Beklagte fest, dass die Voraussetzungen für eine Rücknahme und Erstattung nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X nicht vorlagen. Mit Abhilfebescheid vom 26.02.2013 (W 12344/12) hob der Beklagte daher den Änderungsbescheid vom 05.09.2012 "in der Fassung der Rücknahme- und Erstattungsbescheide vom 09.01.2013 in dem beanstandeten Punkt hinsichtlich des anzurechnenden Einkommens auf". Es wurde zugleich festgestellt, dass dem Widerspruch damit in vollem Umfang entsprochen worden sei. Zudem entschied der Beklagte, dass notwendige Aufwendungen auf Antrag erstattet würden.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 21.02.2013 (W 2366/13) erhob die Klägerin vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten am 22.03.2013 Klage beim Sozialgericht Dresden, mit der sie die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens begehrt. Sie ist der Ansicht, dass zum einen die Rechtsbehelfsbelehrung in dem Rücknahme- und Erstattungsbescheid fehlerhaft gewesen sei und dass jedenfalls der Erstattungsb...

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