Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Honorarverteilungsvertrag. Rechtmäßigkeit der Quotierung laboranalytischer Leistungen. Rechtmäßigkeit rückwirkender Änderungen von Honorarverteilungsvorschriften

 

Orientierungssatz

1. Die auf der Bewertungsebene vereinbarten Euro-Beträge zur Vergütung der Kosten laboranalytischer Leistungen des Kapitels 32 EBM (juris: EBM-Ä 2008) schließen eine Quotierung auf der Ebene der Honorarverteilung nicht aus (vgl SG Dresden vom 3.9.2014 - S 18 KA 163/11 und S 18 KA 167/11; entgegen SG Hamburg vom 15.6.2014 - S 27 KA 152/11).

2. Zur Zulässigkeit rückwirkender Änderungen von Honorarverteilungsvorschriften (vgl BSG vom 24.9.2003 - B 6 KA 41/02 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 4).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.08.2015; Aktenzeichen B 6 KA 12/15 R)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

III. Der Streitwert wird auf 16.453 EUR festgesetzt.

IV. Die Revision ist zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Quotierung der Vergütung laboranalytischer Untersuchungen.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine vertragsärztliche Laborgemeinschaft gemäß § 105 Abs. 2 Satz 2 SGB V, § 1a Nr. 14, § 25 Abs. 3 Satz 7 BMV-Ä bzw. - bis zum 30.09.2013 - § 1a, § 28 Abs. 3 Satz 7 EKV in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

Mit Honorarbescheid Nr. 965 vom 25.01.2011 setzte die Beklagte das Honorar für die bei der Klägerin im Quartal III/2010 bezogenen Leistungen zu Gunsten gesetzlich krankenversicherter Patienten auf 356.498,42 EUR fest. Hiervon entfielen 352.408,92 EUR auf die Vergütung laboranalytischer Leistungen des Abschnitts 32.2 EBM. Dieser Betrag ergab sich aus der Summe der Ansätze zu den in Euro ausgewiesenen Bewertungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes, welche die Beklagte mit dem Faktor 0,968450 quotiert und auf volle Cent aufgerundet hatte. Aus der Quotierung der Ansätze ergaben sich bei folgenden Gebührenordnungspositionen rechnerische Kürzungen im Vergleich mit der Abrechnung zu den Bewertungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes:

GOP

Ansätze

Wert nach EBM

Wert quotiert

Differenz

je GOP

Summe

je GOP

Summe

32030 

787

0,50 EUR

393,50 EUR

0,49 EUR

385,63 EUR

7,87 EUR

32059 

5.232

0,40 EUR

2.092,80 EUR

0,39 EUR

2.040,48 EUR

52,32 EUR

32072 

4.442

0,40 EUR

1.776,80 EUR

0,39 EUR

1.732,38 EUR

44,42 EUR

32073 

4.661

0,40 EUR

1.864,40 EUR

0,39 EUR

1.817,79 EUR

46,61 EUR

32078 

1.120

0,40 EUR

448,00 EUR

0,39 EUR

436,80 EUR

11,20 EUR

32086 

3.575

0,40 EUR

1.430,00 EUR

0,39 EUR

1.394,25 EUR

35,75 EUR

32092 

646

1,15 EUR

742,90 EUR

1,12 EUR

723,52 EUR

19,38 EUR

32094 

29.144

4,00 EUR

116.576,00 EUR

3,88 EUR

113.078,72 EUR

3.497,28 EUR

32101 

19.738

3,00 EUR

59.214,00 EUR

2,91 EUR

57.437,58 EUR

1.776,42 EUR

32103 

5.202

0,60 EUR

3.121,20 EUR

0,59 EUR

3.069,18 EUR

52,02 EUR

32104 

5.260

0,60 EUR

3.156,00 EUR

0,59 EUR

3.103,40 EUR

52,60 EUR

32105 

5.261

0,60 EUR

3.156,60 EUR

0,59 EUR

3.103,99 EUR

52,61 EUR

32106 

5.310

0,60 EUR

3.186,00 EUR

0,59 EUR

3.132,90 EUR

53,10 EUR

32107 

6.575

0,75 EUR

4.931,25 EUR

0,73 EUR

4.799,75 EUR

131,50 EUR

32112 

4.602

0,60 EUR

2.761,20 EUR

0,59 EUR

2.715,18 EUR

46,02 EUR

32113 

23.335

0,60 EUR

14.001,00 EUR

0,59 EUR

13.767,65 EUR

233,35 EUR

32115 

49

0,75 EUR

36,75 EUR

0,73 EUR

35,77 EUR

0,98 EUR

32116 

40

0,75 EUR

30,00 EUR

0,73 EUR

29,20 EUR

0,80 EUR

32118 

2.360

1,55 EUR

3.658,00 EUR

1,51 EUR

3.563,60 EUR

94,40 EUR

32120 

43.144

0,50 EUR

21.572,00 EUR

0,49 EUR

21.140,56 EUR

431,44 EUR

32121 

15.356

0,60 EUR

9.213,60 EUR

0,59 EUR

9.060,04 EUR

153,56 EUR

7.050,58 EUR

Mit ihrem am 10.02.2011 erhobenen Widerspruch vom 08.02.2011 bat die Klägerin um eine Erklärung der Honorarkürzungen.

Darüber hinaus unterzog die Beklagte im Honorarbescheid Nr. 973 vom 26.04.2011 das das Honorar für die bei der Klägerin im Quartal IV/2010 bezogenen laboranalytischen Leistungen des Abschnitts 32.2 EBM zu Gunsten gesetzlich krankenversicherter Patienten einer Quotierung mit dem Faktor 0,982340, was eine Kürzung der im Einheitlichen Bewertungsmaßstab mit mehr als 0,50 EUR bewerteten Ansätze nach Nr. 32092, 32094, 32101, 32103, 32104, 32105, 32106, 32107, 32112, 32113, 32115, 32116, 32118, 32121, 32122, 32125, 32128, 32130 und 32135 EBM um insgesamt 3.941,40 EUR bewirkte. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 28.04.2011 am 04.05.2011 Widerspruch.

Die Beklagte wies beide Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2011 zurück. Die Quotierung finde ihre Grundlage in § 3 Abs. 3 des Honorarverteilungsvertrages (HVV) und dem Beschluss des Bewertungsausschusses aus dessen 218. Sitzung am 26.03.2010 (DÄBl. 107 [2010], Nr. 16, Beilage) Teil F Abschnitt II Nr. 1 und Abschnitt I Nr. 2.5.1 in Verbindung mit Anlage 4 Anhang 1. Die Einführung einer Mengenbegrenzung für Leistungen, die nicht den Regelleistungs- und qualifikationsabhängigen Zusatzvolumina (RLV/QZV) unterliegen, aber Bestandteil der morbiditätsbezogenen Gesamtvergütung (MGV) seien, sei erforderlich gewesen, da die MGV auf Basis der abgerec...

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