Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Studenten auch während eines Urlaubssemesters. teleologische Reduktion nur bei Unmöglichkeit der Fortführung des Studiums im Urlaubssemester
Orientierungssatz
1. Lücken im Ausbildungsförderungssystem sind nicht durch die Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB 2 zu schließen, sondern auf der Ebene der spezielleren Ausbildungsförderungsvorschriften.
2. Die landesrechtliche Lockerung hochschulrechtlicher Voraussetzungen für die Bewilligung eines Urlaubssemesters kann nicht dazu führen, dass der Grundsicherungsträger das Stadium der Prüfungsvorbereitung finanzieren muss.
3. In bestimmten Fällen kann eine teleologische Reduktion des § 7 Abs 5 SGB 2 geboten sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn trotz Vorliegens der übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB 2, eine Fortführung der Ausbildung während des Urlaubssemesters nicht denkbar ist.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum 1.4.2010 bis 30.9.2010.
Die am …1981 geborene Klägerin studierte an der Technischen Universität D seit dem Wintersemester 2004/2005 im Studienfach Volkswirtschaftslehre. Hierbei handelte es sich um das Erststudium der Klägerin. Am 27. Januar ging ihr Antrag auf Leistungen nach dem SGB II bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten ein. Im Antragsvordruck gab die Klägerin an, ab 1.4.2010 ein Urlaubssemester zu nehmen, was sie durch Vorlage einer dies bestätigenden Immatrikulationsbescheinigung nachwies. Danach befand sich die Klägerin zum 31.3.2010 im neunten Fachsemester, wobei die Regelstudienzeit acht Semester betrug. Die Klägerin war vom 1.4.2010 bis 30.9.2010 beurlaubt.
Auf Nachfrage der Rechtsvorgängerin des Beklagten teilte die Klägerin mit Schreiben vom 3.3.2010 mit, dass sie das Urlaubssemester genommen habe, um sich auf ihre Abschlussprüfung vorzubereiten.
Daraufhin lehnte die Rechtsvorgängerin des Beklagten mit Bescheid vom 17.3.2010 den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II mit der Begründung ab, die Entscheidung beruhe auf § 7 Abs. 5 und 6 SGB II a.F. Die Klägerin sei in Ausbildung und diese Ausbildung sei im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) dem Grunde nach förderfähig.
Hiergegen ließ die Klägerin mit Schreiben vom 12.4.2010 durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch einlegen. Zur Begründung ließ die Klägerin ausführen, § 7 Abs. 5 SGB II a.F. sei auf Studenten im Urlaubssemester nicht anwendbar. Während des Urlaubssemesters fehle es an einer Grundvoraussetzung für eine Förderfähigkeit nach dem BAföG, schließlich besuche der Student in dieser Zeit nicht die Ausbildungsstätte.
Die Rechtsvorgängerin des Beklagten wies den Widerspruch mit Bescheid vom 26.4.2010 als unbegründet zurück. Zwar lägen die Voraussetzungen für die Ausbildungsförderung während des Urlaubssemesters nicht vor, aber die Vorbereitung auf die Prüfung könne nicht als wichtiger Grund für ein Urlaubssemester im Sinne des § 7 SGB II anerkannt werden.
Die Klägerin hatte am 26.4.2010 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Dresden gestellt. Mit Beschluss vom 7.5.2010 hatte das SG die Rechtsvorgängerin des Beklagten verpflichtet, der Klägerin vorläufig für den Monat April 2010 Leistungen in Höhe von 69,00 € für den Monat Mai in Höhe von 412,00 € und für Juni 2010 bis September 2010 monatlich 552,00 € zu gewähren. Diesen Beschluss hatte die Rechtsvorgängerin des Beklagten mit vorläufigem Bescheid vom 11.5.2010 umgesetzt. Nachdem der Beschluss des SG vom Landessozialgericht mit Beschluss vom 28.6.2010 aufgehoben worden war, nahm die Rechtsvorgängerin des Beklagten den vorläufigen Bescheid am 19.7.2010 zurück und verlangte die bis dahin gewährten Leistungen von der Klägerin zurück.
Die Klägerin hat am 21.5.2010 Klage zum Sozialgericht Dresden gegen den Ablehnungsbescheid und den Widerspruchsbescheid mit der Begründung erhoben, die Klägerin sei während des Urlaubssemesters nicht von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, da sie in dieser Zeit dem Grunde nach keinen Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG habe. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG sei eine Ausbildung nur förderfähig, wenn eine Ausbildungsstätte besucht werde oder wenn die Ausbildung an einer Ausbildungsstätte durchgeführt werde. Umgekehrt sei deshalb eine Ausbildung, die an keiner Ausbildungsstätte betrieben werde nicht förderungsfähig. Eine Beurlaubung sei ein solcher Fall. Es fehle an der Grundvoraussetzung für eine Förderung nach dem BAföG, solange der Auszubildende von der Ausbildung beurlaubt sei und deshalb die Ausbildungsstätte nicht besuche. Nach Auffassung der Klägerin sei dies ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 26 Bundessozialhilfegesetz...