Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung in Dresden. kein schlüssiges Konzept. hilfsweise Anwendung der Wohngeldtabelle mit Zuschlag
Orientierungssatz
1. Der Beschluss des Stadtrates der Landeshauptstadt Dresden vom 24.2.2005 in der Gestalt des Stadtratsbeschlusses vom 24.1.2008 zur Bestimmung der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft beruht nicht auf einem schlüssigen Konzept (Anschluss an SG Dresden vom 29.6.2010 - S 40 AS 390/09).
2. Anstelle der Stadtratsbeschlüsse kann nicht auf den qualifizierten Mietspiegel und die im Rahmen einer Kommunalen Bürgerumfrage gewonnenen Daten zu den Betriebskosten zurückgegriffen werden (entgegen SG Dresden vom 29.6.2010 aaO).
3. Da es an lokalen Erkenntnismöglichkeiten mangelt, sind hilfsweise die Werte der rechten Spalte der Wohngeldtabelle zu § 8 WoGG in der bis 31.12.2008 geltenden Fassung (juris: WoGG 2) anzuwenden, die um einen Zuschlag von 10% zu erhöhen sind.
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt den Klägern unter Abänderung des Bescheides vom 02.04.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2008 und der Änderungsbescheide vom 17.05.2008 und 11.06.2008 sowie 24.07.2007 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit von April bis Juni 2008 in Höhe von monatlich 62,89 € und für Juli bis August 2008 in Höhe von monatlich 62,75 € zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Beklagte hat den Klägern 6/7 ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Streitig sind die Kosten der Kläger für Unterkunft und Heizung im Zeitraum April bis August 2008.
Die 1956 geborene Klägerin, die an Asthma leidet, und der 1954 geborene Kläger hatten zum 01.06.2005 von der W. D GmbH eine ca. 60 qm große Wohnung Nr. 0302 im Hause K. Str. 32 in D. zum Preis von 290,- € (Grundmiete) zuzüglich 60,- € Betriebskostenvorauszahlung und 80,- € Heizkostenvorauszahlung, d.h. insgesamt 430,- €, angemietet. Bei dem Haus, in dem die Kläger wohnen, handelt es sich um einen zu DDR-Zeiten errichteten und im Jahre 1994 teilsanierten, 5-geschossigen Plattenbau im Stadtteil T, der mit Fernwärme versorgt wird.
Ab dem 01.09.2007 verlangte die Vermieterin von den Klägern eine Gesamtmiete von nunmehr 485,75 €, die sich aus einer Grundmiete von 321,75 €, Betriebskostenvorauszahlungen von 71,- € und Heiz- und Warmwasserkostenvorauszahlungen von 93,- € zusammensetzte.
Am 15.11.2007 beantragten die Kläger die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). In dem Antrag gaben sie an, dass die Klägerin zu 1. nur noch bis März 2007 Gehalt beziehen werde. Von April 2007 bis März 2008 bezogen die Kläger von der Beklagten keine ergänzenden Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 02.04.2008, wegen dessen Inhalts im Einzelnen auf Blatt 285 f. der Verwaltungsakte Bezug genommen wird, gewährte die Beklagte den Klägern für die Zeit vom 01.04.2008 bis zum 31.08.2008 ergänzende Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 329,- €. Dabei legte die Beklagte ihrer Berechnung des Leistungsanspruchs u.a. Kosten der Unterkunft und Heizung von insgesamt monatlich 411,60 € zugrunde. Ausweislich der Horizontalberechnung vom 02.04.2008, wegen deren Inhalt auf Blatt 283 der Verwaltungsakte Bezug genommen wird, setzten sich die 411,60 € Kosten der Unterkunft und Heizung aus 265,60 € Grundmiete, 75,- € Heizkostenvorauszahlung und 71,- € laufenden Nebenkosten zusammen.
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 02.04.2008 erhoben die Kläger mit Schreiben vom 20.04.2008 Widerspruch und begehrten, als Kosten der Unterkunft und Heizung nicht nur 411,60 € als monatlichen Bedarf zu berücksichtigen, sondern die angefallenen 485,75 €.
Es handele es sich um einen Erstantrag nach ausgeübter einjähriger Tätigkeit. Nach § 22 Abs. 1 SGB II seien deshalb für den Bewilligungszeitraum die angefallenen 485,75 € monatlich in voller Höhe zu berücksichtigen.
Sie hätten zum gemeinsamen Einzug extra diese 59,95 qm große Dreiraumwohnung ausgewählt, um den Kriterien des SGB II zu entsprechen. Der Umzug sei von ihnen selbst getragen worden und mit beträchtlichen Kosten verbunden gewesen. Ein nochmaliger Umzug sei ihnen aus finanziellen und gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar.
Das Sächsische Landessozialgericht habe mit Urteil vom 29.03.2007 - L 3 AS 101/06 - entschieden, dass die vom Leistungsträger vorgenommenen Abzüge für die Warmwasserzubereitung von 8,18 € für die erste Person der Bedarfsgemeinschaft und von 3,58 € für jede weitere Person nicht gerechtfertigt seien.
Mit Änderungsbescheid vom 17.05.2008 gewährte die Beklagte den Klägern für die Zeit ab 01.07.2008 aufgrund der gesetzlichen Anhebung des Regelsatzes nunmehr monatliche Leistungen in Höhe von 337,- €; an der Höhe der in die Berechnung eingestellten Kosten der Unterkunft ...