Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Schüler-BAföG. Ermittlung des Anteils der Ausbildungskosten als zweckbestimmte Einnahme. Berücksichtigung von Schulgeld und Fahrtkosten zur Ausbildungsstätte
Orientierungssatz
1. Die Ausbildungsförderung nach dem BAföG in Höhe des für die Ausbildung gewährten Betrages ist eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 und daher nur insoweit als Einkommen zu berücksichtigen, als es nicht für ausbildungsbedingte Ausgaben aufgewendet wird. Dabei ist keine pauschalierte Quotelung vorzunehmen, sondern im Einzelfall eine Aufteilung der auf den Lebensunterhalt und auf die Ausbildung entfallenden Anteile vorzunehmen.
2. Als zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 ist der Anteil der Ausbildungsförderung zu berücksichtigen, der mit Nachweisen belegt und in angemessenem Umfang auf die Ausbildungsförderung entfällt. So sind die für Schulgeld und die täglichen Fahrten zur Ausbildungsstätte entstehenden Kosten abzuziehen, wenn sie konkret nachgewiesen werden (hier: durch Vorlage des Ausbildungsvertrags bzw der entsprechenden Kontobelege).
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger im Zeitraum ...2006 bis 31.08.2006 Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkünften aus BAföG zu gewähren.
II. Der Bescheid vom 28.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2006 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.
III. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
IV. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum ....2006 bis 31.08.2006.
Der am ... 1988 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten am 02.02.2006 erstmals Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Er absolvierte ab 23.08.2004 bei dem B. (b.) eine Ausbildung zum Staatlich geprüften Assistenten für Softwaretechnologie. Gemäß der Ausbildungsvereinbarung hat er monatlich eine “Systemnutzungsgebühr„ in Höhe von 175 € zu entrichten. Das Amt für Ausbildungsförderung der Landeshauptstadt Dresden bewilligte dem Kläger seit August 2004 monatlich Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe von 192 €. Der Kläger war 2006 Inhaber einer Abo-Monatskarte der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB), für die seine Mutter monatlich 27 € zahlte.
Bis zum ...2006, dem Tag vor der Vollendung seines 18. Lebensjahres, gehörte der Kläger einer Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern und seinem Bruder an, die seit 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB II bezog.
Mit Bescheid vom 28.03.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum ...2006 bis 31.03.2006 Leistungen in Höhe von 220,64 € und für den Zeitraum vom 01.04.2006 bis 31.08.2006 in Höhe von monatlich 367,70 €. Hierbei legte sie bei den Kosten der Unterkunft eine monatliche Grundmiete von 562,42 €, monatliche Betriebskosten in Höhe von 114,73 € und monatliche Heizkosten in Höhe von 103 € abzüglich einer Warmwasserbereitungspauschale in Höhe von 18,92 € für die Familie zu Grunde und rechnete ¼ dieser Kosten, insgesamt monatlich 190,30 € dem Kläger zu. Auf den zuzüglich der Regelleistung von monatlich 331 € so ermittelten Bedarf in Höhe von monatlich 521,30 € rechnete die Beklagte Einkünfte in Höhe von 153,60 € monatlich aus Ausbildungsförderung an. Die monatlich bezogene BAföG-Leistung verminderte sie hierbei um 20 %.
Der Kläger erhob am 25.04.2006 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2006 zurückwies.
Der Kläger zu 1 hat am 14.06.2006 Klage erhoben. Die Ausbildungsförderung nach dem BAföG sei eine Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II. Sie sei zweckveranlasst. Daher sei das Schulgeld, das zur Verwirklichung des Zweckes der Ausbildungsförderung, nämlich der Ausbildung, gezahlt werden müsse, als notwendige Ausgabe anzurechnen. Auch die Ausgaben für die Monatskarte der DVB seien anrechenbar.
Der Kläger beantragt:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 28.03.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2006 wird insoweit aufgehoben, als dem Kläger auf seinen Bedarf 153,60 € aus Schüler-BAföG als Einkommen angerechnet werden.
2. Die Beklagte wird verurteilt, für den Zeitraum ...2006 bis 31.08.2006 Arbeitslosengeld II in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und die Sprungrevision zuzulassen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II könnten nur die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben vom betreffenden Einkommen abgesetzt werden. Der Bezug von Ausbildungsförderung nach dem BAföG sei nicht notwendig mit einer Studien- und Lehrgebühr verbunden. Nach dem BAföG förderfähige Bildungsabschlüsse könnten auch an kostenfreien staatlichen Einrichtungen erworben werden. Es könne nicht Aufgabe des SGB II-Trägers sein, den Besuch privater Bildungseinrichtungen zu finanzieren. Die Au...