Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe als Darlehen bzw. als Zuschuss

 

Orientierungssatz

1. Nach § 91 SGB 12 sollen Leistungen der Sozialhilfe nur als Darlehen gewährt werden, soweit nach § 90 SGB 12 für den Bedarf des Hilfebedürftigen Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für denjenigen, der es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde.

2. Vorhandenes Vermögen ist grundsätzlich zur Deckung des Bedarfs des Hilfebedürftigen einzusetzen.

3. Nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB 2 führt ein vereinbarter Verwertungsausschluss zu einer Privilegierung des der Altersvorsorge dienenden Vermögens, soweit die Ansprüche den nach § 12 Abs. 2 S. 2 SGB 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigen.

4. Eine Darlehensgewährung kommt nur solange in Betracht, wie die Darlehenssumme die Summe des Vermögens nicht erreicht. Ist das Vermögen vollständig durch das Darlehen belastet, so sind die Leistungen als Zuschuss zu gewähren, weil dem Hilfebedürftigen dann das Vermögen nicht mehr entgegengehalten werden kann.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.09.2021; Aktenzeichen B 8 SO 4/20 R)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII als Zuschuss anstatt als Darlehen.

Der 1960 geborene Kläger beantragte im Januar 2011 Leistungen nach dem SGB XII. Er bezieht seit 01.02.2011 eine bis zunächst 31.08.2016 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung und ist Inhaber einer Rentenversicherung (Nummer …) bei der H.... AG, zu der im Juni 2006 ein Verwertungsausschluss nach § 165 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (in der damaligen Fassung) vermerkt wurde. Der Rückkaufwert betrug am 01.05.2011 12.863,23 € und die Überschussanteile 1.531,08 €. Rentenzahlungsbeginn aus der am 01.06.1991 begonnenen Versicherung ist der 01.06.2025.

Mit Bescheid vom 05.08.2011 bewilligte die Beklagte darlehensweise Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII vom 01.09.2011 bis 31.10.2011 in Höhe von monatlich 605,05 €, wobei vom Bedarf von 688,70 € die Erwerbsminderungsrente in Höhe von 95,00 € unter Abzug der Ausgaben für eine Hausratversicherung von 11,35 € monatlich als Einkommen abgezogen wurde.

Den gegen die darlehensweise Bewilligung gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid vom 13.01.2012 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 10.02.2012 Klage erhoben.

Er trägt vor, aufgrund des vereinbarten Verwertungsausschlusses, sei seine private Rentenversicherung nicht nur vorübergehend unverwertbar. Es liege gerade kein nur vorübergehendes Verwertungshindernis im Sinne des § 91 SGB XII vor.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 05.08.2011 in der Gestalt des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 13.01.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm für den Zeitraum 9/2011 bis 10/2011 Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, die Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses nach § 165 Abs. 3 VVG rechtfertige nicht den Schluss einer generellen Unverwertbarkeit des Vermögens im Sinne des § 90 Abs. 1 SGB XII.

Mit Schreiben vom 07.04.2014 und 04.04.2014 stimmten die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit den Schriftsätzen nebst Anlagen sowie den Inhalt der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 05.08.2011 in Gestalt des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 13.01.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Die Beklagte hat dem Kläger zu Recht Leistungen als Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII nur als Darlehen nach § 91 SGB XII gewährt.

Hiernach soll die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden, soweit nach § 90 SGB XII für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde.

So liegt der Fall hier. Der Kläger verfügt über eine private Rentenversicherung bei der H.... AG (Nr. …) deren Wert 14.394,31 € beträgt (Rückkaufswert: 12.863,23 €; Überschussanteile: 1.531,08 €).

Dieses Vermögen unterliegt nicht dem besonderen Schutz des § 90 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 SGB XII, so dass es grundsätzlich, soweit es den Umfang kleinerer Barbeträge nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1a der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 N...

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