Tenor

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der am 9.5.2008 von dem Antragsteller erhobene Antrag,

die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten,

1. an ihn die im Wege der Aufrechnung einbehaltenen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) in Höhe von 497,50 Euro zu erstatten,

2. an ihn Leistungen nach dem SGB II in voller Höhe auszuzahlen,

hat keinen Erfolg.

Der Antragsteller, der im laufenden Bezug von Arbeitslosengeld II steht, wendet sich mit seinem Antrag gegen die seit dem 1.4.2007 von Seiten der Antragsgegnerin vorgenommene monatliche Aufrechnung gegen die laufenden Leistungen zwecks Rückführung des mit Bescheid vom 23.2.2007 dem Antragsteller bewilligten Darlehens in Höhe von 1200,- Euro zum Erwerb von Genossenschaftsanteile für die Unterkunft O.Straße 00 in 0000 N.

Vertritt man die Auffassung die Aufrechnungserklärung vom 23.2.2008 sei als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zu werten, weil § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II, auf den die Aufrechnung gestützt worden ist, die gesetzliche Anordnung der Tilgung von bis zu 10 von Hundert der Regelleistung enthält, wäre ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs oder der Klage gemäß § 86 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zielführend. Da weder Widerspruch noch Klage gegen den Bescheid vom 23.2.2007 fristgerecht erhoben worden und Wiedereinsetzungsgründe (§ 67 Abs. 1 SGG) nicht erkennbar sind, zudem die Jahresfrist nach § 67 Abs. 3 SGG abgelaufen ist, ist von der Bestandskraft des Bescheides auszugehen und ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch bzw. Klage unzulässig. Es liegt aber mit den Schreiben des Antragstellers vom 31.3.2008 und 18.4.2008 ein Antrag auf Überprüfung des Bescheides gemäß § 44 SGB X vor, mit dem der Antragsteller die Bewilligung eines tilgungsfreien Darlehens erstrebt. In der Hauptsache handelt es sich um eine kombinierte Anfechtung- und Verpflichtungsklage im Sinne des §131 Abs. 2 SGG auf (teilweise) Rücknahme des Bescheides vom 23.2.2007 und Verpflichtung der Behörde zur Gewährung eines tilgungsfreien Darlehens. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist daher als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zu werten. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man die Ausführungen zu den ab dem 1.4.2007 beabsichtigten Aufrechnungen im Bescheid vom 23.2.2007 als Aufrechnungserklärung ohne eigenständige Regelung im Sinne des § 31 SGB X ansieht, denn die Aufrechnung gegen sozialrechtliche Leistungsansprüche kann zumindest auch durch verwaltungsrechtliche Willenserklärung ohne den Charakter eines Verwaltungsaktes erfolgen (LSG NRW Beschluss vom 3.12.2007 - L 19 B 145/07 AS ER -). Dann ist ebenfalls ein Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung mit dem Ziel nicht durch Aufrechnung geminderter monatlicher Zahlungen nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGG anzunehmen.

Der so verstandene Antrag bleibt erfolglos.

(1) Soweit der Antragsteller die Erstattung der in der Vergangenheit bis April 2008 von der Antragsgegnerin im Wege der Aufrechnung einbehaltenen Beträge verlangt, ist der Antrag bereits unzulässig, weil in Bezug auf die Gewährung rückwirkender Leistungsansprüche eine einstweilige Anordnung von vorne herein ausgeschlossen ist. Eine zusprechende Entscheidung des Gerichtes kann grundsätzlich erst ab dem Datum der Antragstellung bei Gericht - hier am 9.5.2008 - in Betracht kommen. Dies vor dem Hintergrund, dass eine einstweilige Anordnung nur ausnahmsweise zur notwendigen Abwendung einer akuten, existenziellen Notlage ergehen darf, nicht aber der endgültigen Befriedigung von (vermeintlichen) Rechtsansprüchen dienen kann. Leistungen für Zeiträume, die vor der Antragstellung bei Gericht liegen, sind daher grundsätzlich im Hauptsacheverfahren zu erstreiten. Anders ausnahmsweise, wenn der Antragsteller einen unaufschiebbaren Nachholbedarf, der eine akute, existenzielle Notlage bereits ausgelöst hat bzw. in unmittelbarer Zukunft auslösen wird, plausibel und glaubhaft macht. Das liegt hier nicht vor.

(2) Auch der Antrag auf Zahlung ungekürzter Grundsicherungsleistungen ohne Aufrechnung einer monatlichen Rate in Höhe von 35,- Euro ist ohne Erfolg. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.

Nach § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn die Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge