Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer Bewilligung hauswirtschaftlicher Hilfen durch den Sozialhilfeträger bei Anspruchsberechtigung nach dem SGB 11 - einstweiliger Rechtschutz

 

Orientierungssatz

1. Zur Bewilligung von einstweiligem Rechtschutz ist die Glaubhaftmachung eines Anspruchs und eines Anordnungsgrundes erforderlich.

2. Die Vorschrift des § 70 SGB 12 sieht die Gewährung hauswirtschaftlicher Hilfen durch den Sozialhilfeträger vor. Aufgrund des Nachrangprinzips der Sozialhilfe in § 2 SGB 12 sind potentielle Leistungen des SGB 11 vorrangig in Anspruch zu nehmen. Ist dies dem Antragsteller bekannt, so bedarf es der Inanspruchnahme des Gerichts zur Leistungsbewilligung durch den Sozialhilfeträger nicht. Zudem steht dies der Annahme eines Eilbedürfnisses entgegen.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die 1967 geborene Antragstellerin steht im laufenden Bezug von (aufstockenden) Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII bei der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin erhielt überdies seit 2016 Leistungen für hauswirtschaftliche Versorgung seitens der Antragsgegnerin. Diese hatte zuletzt mit Bescheid vom 20.11.2018 für die Zeit vom 01.08.2017 bis 31.03.2019 die Übernahme der Kosten für eine entsprechende Hilfskraft in einem Umfang von maximal 4,5 Stunden wöchentlich zu einem Stundenlohn von 10,00 EUR pro Stunde und mithin einem Monatsbetrag von 193,50 EUR bewilligt. Nachdem die Antragstellerin eine Erhöhung der Wochenstunden vor dem Hintergrund eines verschlechterten Gesundheitszustandes beantragte hatte, hatte die Antragsgegnerin sie mit Schreiben vom 08.03.2019 aufgefordert, einen Antrag bei der zuständigen Pflegekasse zu stellen. Aufgrund des Umstands, dass sie mitgeteilt habe, unter einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes zu leiden, komme die Zuerkennung eines Pflegegrades in Betracht. In diesem Fall bestünde dann auch Anspruch auf Zahlung von Pflegegeld gegenüber der Pflegekasse, welches gegenüber den Leistungen nach dem SGB XII eine vorrangige Leistung sei. Die Antragstellerin teilte mit Schreiben vom 27.03.2019 mit, zu einer Antragstellung bei der Pflegekasse nicht bereit zu sein.

Mit Bescheid vom 17.04.2019 lehnte die Antragsgegnerin den Weiterbewilligungs- und Erhöhungsantrag für hauswirtschaftliche Hilfen nach § 70 SGB XII für die Zeit ab dem 01.04.2019 ab. Zur Begründung gab sie an, grundsätzlich hätten Leistungen der Pflegekasse Vorrang vor Leistungen nach dem SGB XII. In Pflegeleistungen seien auch solche der hauswirtschaftlichen Versorgung enthalten. Die Antragstellerin habe trotz entsprechender Aufforderung bis heute keinen Antrag bei der Pflegekasse gestellt. Die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB XII für die hauswirtschaftliche Versorgung komme somit nicht in Betracht.

Mit Schreiben vom 24.04.2019 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid der Antragsgegnerin ein. Die Antragstellerin führt unter den Aktenzeichen S 42 SO 117/19, S 42 SO 189/19 und S 42 SO 234/19 Hauptsacheverfahren gegen die Befristung der hauswirtschaftlichen Versorgung, gegen die Ablehnung der Stundenerhöhung sowie gegen die Ablehnung der Weiterbewilligung der Leistungen ab dem 01.04.2019.

Die Antragstellerin hat am 07.05.2019 das Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes erhoben, mit welchem sie das Ziel verfolgt, weiterhin Leistungen für die hauswirtschaftliche Versorgung seitens der Antragsgegnerin zu erhalten. Sie ist der Ansicht, die Antragsgegnerin müsse die Leistungen auch weiterhin zahlen. Eine Befristung sei nicht zulässig und auch gar nicht erfolgt. Es sei überdies gerichtlich nicht geklärt, ob überhaupt die Verpflichtung bestehe, bei der Pflegekasse einen Antrag zu stellen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Leistungen für Hilfe zur Pflege wegen vorhandenem Besitzstand (ugs. Bestandsschutz) weiterzuzahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt sie aus, die Antragstellerin habe schon keinen Anordnungsgrund dargelegt. Es sei nicht erkennbar, worin genau die dringliche Notlage liegen würde, welche indes für den Erlass einer einstweiligen Anordnung Voraussetzung sei. Die Antragstellerin sei jedenfalls ihrer Verpflichtung, vorrangige Leistungen in Anspruch zu nehmen, nicht nachgekommen.

Das Gericht hatte unter dem 28.05.2019 vorgeschlagen, dass die Antragsgegnerin zunächst weiter Leistungen für die hauswirtschaftliche Versorgung auskehrt und die Antragstellerin im Gegenzug bis Juli 2019 die Antragstellung bei der Pflegekasse nachweist. Weiter hatte das Gericht vorgeschlagen, dass die Antragsgegnerin nach erbrachten Nachweis über die Antragstellung bei der Pflegekasse die Leistungen bis zur Entscheidung durch die Pflegekasse weitergewährt, um eine lückenlose Versorgung ...

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