Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegnerin das von der Antragstellerin vertriebene Medikament Granocyte® als sog. "Me-Too-Präparat" bezeichnen, auf einer im Internet zugänglichen Liste führen und die Vertragsärzte unter Androhung eines Honorarabzugs dazu auffordern darf, dieses Präparat nur noch im Rahmen einer bestimmten Quote zu verordnen.
Die Antragstellerin vertreibt seit das seit 1985 patentgeschützte Präparat Granocyte®, dessen Patentschutz am 28.07.2008 abläuft. Der in dem Präparat enthaltene Wirkstoff Lenograstim (rHuG-CSF) wird mittels rekombinanter DNA-Technologie in Ovarialzellen des chinesischen Hamsters produziert. Hauptanwendungsgebiet des Arzneimittels ist die Verkürzung der Dauer von Neutropenien bei Patienten mit nicht-myeloischen malignen Erkrankungen.
Der gleichen Indikation dienen die Präparate Neupogen® und Neulasta® der Fa. B, deren Wirkstoffe Filgrastim bzw. Pegfilgrastim mittels r-DNA-Technologie aus E. coli (K12) hergestellt werden. Das Patent für Filgrastim wurde am 22.08.1996 angemeldet.
Auf dem deutschen Markt eingeführt wurden Filgrastim (Neupogen®) 1991 und Lenograstim (Granocyte®) 1994.
Präparate, deren Wirkstoffe denen bereits zugelassener Medikamente sehr ähnlich sind, werden seit ca. zwei Jahrzehnten als Analogpräparate (Schrittinnovationen, Me-Too-Präparate) bezeichnet. Nach der Klassifikation von Fricke/Klaus werden neue Arzneimittel nach dem angestrebten therapeutischen Effekt wie folgt unterschieden:
- Neuartige Wirkstoffe oder neuartige Wirkprinzipien mit therapeutischer Relevanz (Kategorie A), - Verbesserung pharmakodynamischer oder pharmakokinetischer Qualitäten bereits bekannter Wirkprinzipien (Kategorie B), - Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten (Kategorie C) und - Eingeschränkter therapeutischer Wert bzw. nicht ausreichend gesicherte Therapieprinzipien (Kategorie D).
Der Wirkstoff Lenograstim ist danach der Kategorie C zugeordnet. Die im Auftrag der Spitzenverbände vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) erstellte GKV-Arzneimittel Schnellinformation (GAmSi) legt der Darstellung der Anteile einzelner Marktsegmente am Gesamtmarkt für den Anteil der Me-Too-Präparate die Klassifikation in der im Arzneiverordnungsreport veröffentlichten Fassung zugrunde.
Am 21.11.2005 schloss die Antragsgegnerin mit den Krankenkassen gemäß § 84 SGB eine "Vereinbarung über das Arznei- und Verbandmittelausgabenvolumen für das Kalenderjahr 2006" (Rheinisches Ärzteblatt 1/2006, 82 ff.), nach welcher das Ausgabenvolumen auf den Betrag von 2,68 Mrd. EUR festgelegt wurde (§ 2). Eine Zielvereinbarung sieht die Erhöhung des durch den jeweiligen Vertragsarzt verursachten arztgruppenbezogenen Versorgungsanteils des Brutto-Generikaumsatzes am generikafähigen Markt um 5 Prozentpunkte und die Reduzierung des durch den jeweiligen Vertragsarzt verursachten arztgruppenbezogenen Versorgungsanteils der Me-Too-Präparate ohne relevanten höheren therapeutischen Nutzen, aber mit höheren Kosten, am Gesamtmarkt um 5 Prozentpunkte vor. Für die Arztgruppe der Internisten bestimmt die Vereinbarung einen Zielwert von 78,4 % bei den Generika und von 7,7 % bei den Me-Too-Präparaten (§ 4 Abs. 2); die internistischen Schwerpunkte Hämatologie und Onkologie sind nicht gesondert erfasst. Eine individuelle Verantwortlichkeit des einzelnen Vertragsarztes für die Überschreitung des vereinbarten Ausgabenvolumens 2006 tritt ein, wenn das vereinbarte Ausgabenvolumen insgesamt überschritten wird und der einzelne Vertragsarzt sein für das Kalenderjahr 2006 maßgebliches Richtgrößenvolumen überschritten hat und der einzelne Vertragsarzt mindestens einen der nach § 4 vereinbarten Zielwerte nicht erreicht hat. Eine Saldierung zwischen den einzelnen Zielwerten findet nicht statt (§ 7 Abs. 1). In diesem Falle erhalten die nordrheinischen Krankenkassen/-verbände gegenüber den einzelnen Vertragsärzten jeweils einen Zielerreichungsbeitrag in Höhe von 4 % des für das Kalenderjahr 2006 für den jeweiligen Vertragsarzt anerkannten GKV-Gesamthonorars (§ 7 Abs. 2). Einreden aufgrund von Ergebnissen der Bewertung hinsichtlich der Ursachen der Überschreitung des Ausgabenvolumens 2006 gegen den Bestand von Ansprüchen der Krankenkassen nach § 7 Abs. 2 sowie die Durchführung von Anspruchsprüfungen können nicht erhoben werden (§ 7 Abs. 3 der Vereinbarung). Eine Liste patentgeschützter Analogpräparate ("Me-Too-Liste") veröffentlicht die Antragsgegnerin auf ihrer Internet-Website (www.kvno.de/importiert/me too.pdf; aktueller Stand: 03.07.2006). Dort ist auch das Präparat Granocyte® benannt.
Die Antragstellerin hatte zunächst außergerichtlich erfolglos versucht, das Präparat Granocyte® von der Liste entfernen zu lassen. Am 17.05.2006 hat sie bei Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
Sie ist der Ansicht, bei dem Präp...