Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung eines Verwaltungsaktes durch das Gericht und Zurückverweisung an die Behörde ohne Sachentscheidung

 

Orientierungssatz

1. Das Sozialgericht kann sowohl bei Anfechtungs- als auch bei Verpflichtungsklagen, ohne Bindung an die Anträge der Beteiligten, den Rechtsstreit ohne Sachentscheidung an die Behörde zurückverweisen, wenn es deren bisherige Sachaufklärung für unzureichend hält.

2. Die Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 SGG liegen dann vor, wenn noch Ermittlungen erforderlich sind, um den Sachverhalt sachgerecht und abschließend beurteilen zu können. Die Vorlage der in europäischen Rentenverfahren verwendeten Vordrucke E 213 bewirkt keine ausreichende Sachverhaltsaufklärung zum tatsächlichen Leistungsvermögen des Versicherten.

3. Die Zurückverweisung ist sachdienlich, wenn nur so dem Untersuchungsgrundsatz des § 20 SGB 10 Genüge getan wird. Die gerichtliche Entscheidung muss innerhalb von sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 28.07.2005 und der Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.

 

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltend.

Er beantragte nach Aktenlage am 03.03.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Zur Verwaltungsakte der Beklagten gelangte eine medizinische Unterlage in spanischer Sprache im Vordruck E 213, die die Beklagte auszugsweise übersetzen ließ (zu Punkten 3.1., 4.5., 7. und 8.).

Mit Bescheid vom 28.07.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab, weil der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich verrichten könne und deshalb weder berufsunfähig noch teilweise oder voll erwerbsgemindert sei.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein.

Zur Verwaltungsakte der Beklagten gelangten dann noch ärztliche spanische Unterlagen unter anderem im Vordruck E 213, die von der Beklagten teilweise übersetzt wurden (jedoch ohne Übersetzung von 11.4 des E 213).

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und blieb bei ihrer Auffassung, dass der Kläger weder berufsunfähig noch voll oder teilweise erwerbsgemindert sei. Denn er sei nach den medizinischen Feststellungen der Beklagten noch in der Lage, 6 Stunden und mehr täglich Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 03.11.2006 bei einer spanischen Behörde in Berlin bzw. am 06.11.2006 beim Sozialgericht Düsseldorf Klage eingereicht.

Das Gericht hat den Beteiligten mitgeteilt zu beabsichtigen, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen. Es sei voraussichtlich mit einer Aufhebung der angefochtenen Bescheide nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG zu rechnen. Denn bisher ließen die zur Verwaltungsakte der Beklagten gelangten Unterlagen noch keine klare Leistungsbeurteilung erkennen, ob und in welchem Umfang in Stunden pro Tag der Kläger noch leistungsfähig sein solle oder nicht. Die zur Verwaltungsakte der Beklagten gelangten Unterlagen, soweit sie überhaupt übersetzt wurden, ließen eine verlässliche und auch ausreichend begründete Entscheidung nicht zu, ob der Kläger teilweise oder voll erwerbsgemindert sei. Die Beklagte werde daher nach Aufhebung ihrer Bescheide noch die spanischen Unterlagen in weiterem Umfang zu übersetzen haben und erforderlichenfalls auch noch ein oder mehrere Gutachten einzuholen haben mit auch eindeutiger Aussage zum Leistungsvermögen pro Tag. Das Gericht hat den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 21.02.2007 gegeben.

Die Beklagte hat mitgeteilt, sie halte die Vorschrift des § 131 Abs. 5 SGG für nicht anwendbar auf Verpflichtungsklagen, Außerdem liege kein Ermittlungsausfall vor. Sie habe keine erheblichen Ermittlungen unterlassen. Das Gericht würde durch weitere Ermittlungen wie z. B. die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nennenswert belastet. Für die Beklagte sei eine Leistungsbeurteilung aufgrund der medizinischen Unterlagen möglich gewesen. Nach den ihr vorliegenden medizinischen Unterlagen einschließlich der beiden Rentengutachten aus Spanien könne aus gutachterlicher medizinischer Sicht eingeschätzt werden, dass der Kläger nach Befundlage auch weiterhin körperlich leichte Tätigkeiten in einem Zeitrahmen von 6 Stunden und mehr verrichten könne. Im übrigen habe die Beklagte die Berufsbiographie des Klägers ausreichend geklärt, was sich aus Bl. 56 und 57 der Verwaltungsakte mit den dortigen Angaben in einem spanischen Fragebogen ergebe; danach sei der Kläger nur als angelernter Arbeiter ohne abgelegte Prüfung anzusehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

A. Das Gericht konnte gemäß § 105 SGG ...

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