Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung: Honorarrückforderung bei Punktmengenüberschreitung. Festsetzung der Rückforderung im Rahmen einer Quartalsabrechnung

 

Orientierungssatz

Ist einem Quartalsabrechnungsbescheid gegenüber einem Arzt in der vertragsärztlichen Versorgung durch die gesetzlichen Krankenversicherungen eine Nachberechnung vorgenommen worden, aus dem sich eine Rückforderung ergibt und dabei für den Arzt erkennbar ein Rückforderungsbetrag (hier: aus festgestellter Degressionsbelastung) festgesetzt worden, so stellt dies eine verbindliche Festsetzung in Form eines Sozialverwaltungsaktes dar. Wird dieser Bescheid bestandskräftig, scheiden spätere Einwände gegen die Festsetzung der Rückforderung aus.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist eine Honorarrückforderung aufgrund Punktmengenüberschreitung im Jahre 1997.

Der Kläger ist als Arzt für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie in E niedergelassen und zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. In den ersten beiden Quartalen des Jahres 1997 rechnete er insgesamt 258.532 Punkte ab. Bei Erteilung der Honorarbescheide für diese Quartale ging die Beklagte davon aus, dass nach der - inzwischen wieder rückgängig gemachten - Aufhebung der Vorschriften zum degressiven Punktwert (§ 85 Abs. 4b ff. Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V)) zum 30.06.1997 Honorarminderungen nur einträten, wenn Vertragszahnärzte die in diesen Vorschriften festgesetzten Grenzbeträge (350.000 Punkte + Zuschläge bei der Beschäftigung genehmigter Assistenten und/oder angestellter Zahnärzte) bereits in den ersten beiden Quartalen des Jahres 1997 überschritten hätten. Gegenüber dem Kläger setzte sie deshalb keine Honorarminderungen fest.

Mit der Quartalsabrechnung II/2001 vom 16.10.2001 verfügte die Beklagte wegen Überschreitung der praxisindividuellen Punktmengengrenze von 175.000 Punkten für die Quartale I/1997 und II/1997 einen Honorarabzug in Höhe von 31.337,06 DM. Diesen wies sie unter dem Buchungsschlüssel (C) 000 in der Rubrik "Zahlungen/Lastschriften" als "Nachberechnung Degression 1997" aus, während unter dem C 000 in der Rubrik "Gutschriften" ein Zahlbetrag in derselben Höhe mit dem Buchungstext "Vorläufige Aussetzung Nachberechnung Degression 97" verzeichnet ist.

In einem Begleitschreiben vom 12.10.2001 führte die Beklagte hierzu aus:

Für das Jahr 1997 habe sie die sog. "Degression" unter Zugrundelegung von 350.000 "kürzungsfreien" Punkten (zuzüglich entsprechender Zuschläge bei der Beschäftigung genehmigter Assistenten und/oder angestellter Zahnärzte) ermittelt. Die nordrheinischen Primärkrankenkassen/-verbände seien nun der Auffassung, die Berechnung der Degression für das Jahr 1997 sei auf einer Grundlage von nur 175.000 Punkten durchzuführen, da die gesetzliche Regelung über die Punktwertdegression zum 01.07.1997 außer Kraft getreten sei. Bei einer halbjährlichen Geltungsdauer käme den Vertragszahnärzten somit auch nur die Hälfte der "kürzungsfreien" Punktmenge zugute. Eine gerichtliche Auseinandersetzung sei möglicherweise unvermeidlich. Sollten sich die nordrheinischen Primärkrankenkassen mit ihrer Auffassung durchsetzen, sei die Beklagte vertraglich verpflichtet, dementsprechend die Berechnung für das Jahr 1997 unter Zugrundelegung von 175.000 Punkten durchzuführen. Bis zur eventuellen höchstrichterlichen Klärung dieser Frage könne erhebliche Zeit vergehen. Die Beklagte sei gezwungen, diese in Rede stehenden Forderungen der Krankenkassen sicherzustellen. Aus formalen Gründen müsse daher mit der Quartalsabrechnung II/2001 im Wege eines Bescheides die für den Kläger individuell berechnete Rückforderung festgesetzt werden. Da die Auffassung der Krankenkassen bisher nicht gerichtlich bestätigt worden sei, setze die Beklagte die Vollziehung, d. h. die Umsetzung, dieser Rückforderung aus. Das bedeute für den Kläger, die in der Quartalsabrechnung ausgewiesene Degressionsbelastung für das Jahr 1997 werde erst dann und nur in dem Fall wirksam, dass eine höchstrichterliche Entscheidung die Basis für 1997 auf 175.000 Punkte setze. Vorher komme es somit nicht zu einer Verrechnung mit seinen Honoraransprüchen. In Einzelfällen werde zu prüfen sein, ob es bei dieser Aussetzung der Vollziehung bleiben könne, so z. B. bei Beendigung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit im Bezirk der Beklagten. Bestätige sich die von der Beklagten vertretene Auffassung, werde die festgestellte Belastung auch formal durch Aufhebung dieses Bescheides rückgängig gemacht werden.

Gegen den Quartalsabrechnungsbescheid II/2001 legte der Kläger kein Rechtsmittel ein.

Mit Quartalsabrechnungsbescheid I/2005 vom 15.07.2005 belastete die Beklagte das Konto des Klägers mit 16.022,38 EUR. In einem Begleitschreiben vom 08.07.2005 erläuterte sie hierzu, das Bundessozialgericht (BSG) habe am 27.04.2005 - B 6 KA 17/04 R - entschieden, dass für das Jahr 1997 (Zeitraum bis 30.06.1997) eine degressionsfreie Punktmenge von 175...

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