Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Übernahme der Krankenbehandlung nach § 264 SGB 5. keine Verfolgung von Regressansprüchen
Orientierungssatz
1. Einer Krankenkasse obliegt nach § 264 Abs 2 SGB 5 nur die Krankenbehandlung von Empfängern von Leistungen nach dem SGB 12. Der Auftrag zur Krankenbehandlung kann nicht derart umfassend aufgefasst werden, dass er auch die Verfolgung von Regressansprüchen nach § 116 SGB 10 beinhaltet.
2. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass die Anspruchsberechtigung eines (bloß) erstattungspflichtigen Leistungsträgers im Falle eines Forderungsübergangs gemäß § 116 SGB 10 anders zu beurteilen ist, als im Falle eines spezialgesetzlich geregelten Forderungsübergangs.
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 27.648,54 Euro zu zahlen.
Der Beklagten werden die Verfahrenskosten auferlegt.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage der Erstattung von aufgewandten Kosten für die Krankenbehandlung von Empfängern von Sozialhilfeleistungen und insoweit insbesondere über die Frage, ob die Klägerin vorrangig verpflichtet ist, Regressansprüche gegenüber Drittschädigern geltend zu machen.
Die Klägerin stellte der Beklagten die von ihr im 3. Quartal 2004 erbrachten Aufwendungen für die Krankenbehandlung von Personen, die gegenüber der Beklagten sozialhilfeberechtigt waren, in Rechnung. Die Beklagte brachte von dem Rechnungsbetrag folgende Beträge in Abzug:
26.331,94 Euro für potenzielle Ersatzansprüche gegenüber Drittschädigern zuzüglich 1.316,60 Euro für die anteiligen Verwaltungskosten (5%), somit 27.648,54 Euro.
Die Klägerin hat im April 2006 Klage auf Zahlung der von der Beklagten in Abzug gebrachten Beträge erhoben. Sie ist der Ansicht, dass sie zur Geltendmachung und Verfolgung von möglichen Regressansprüchen gemäß § 116 SGB X gegenüber Drittschädigen nicht verpflichtet ist. Die ihr obliegende Auftragsverwaltung gemäß § 264 SGB V umfasse lediglich die Krankenbehandlung, dagegen nicht die Rechtsverfolgung von Ersatzansprüchen gegenüber Dritten. Ihr obliege lediglich eine entsprechende Informationspflicht gegenüber der Beklagten, der sie auch nachkomme.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin aus der Abrechnung vom 3. Quartal 2004 den gekürzten Betrag für mögliche Ersatzansprüche in Höhe von 26.331,94 Euro zuzüglich hierauf entfallende Verwaltungskosten von 5 % in Höhe von 1.316,60 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält eine Zahlungspflicht nicht für gegeben. Die Klägerin müsse vorrangig Schadensersatzansprüche gegenüber Drittschädigern geltend machen. Erst nach deren Erfolglosigkeit bestehe eine Erstattungspflicht ihrerseits. So liege die Aktivlegitimation zur Geltendmachung von Regressansprüchen gemäß § 116 SGB X allein bei der Klägerin. Insoweit bezieht sie sich insbesondere auf Ausführungen des Bundesgerichtshofes (BGH) in seinem Urteil vom 28.03.1995 - VI ZR 244/94 -. Maßgeblich sei insoweit, dass die Leistungsempfänger Leistungsansprüche zur Krankenbehandlung nur gegenüber der Klägerin, dagegen nicht unmittelbar ihr gegenüber geltend machen könnten. Dieses habe das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 17.06.2008 - B 1 KR 30/07 R - klargestellt.
Eine ihrem Standpunkt entsprechende Schlussfolgerung ergäbe sich auch aus den abschließenden Ausführungen des BSG im Urteil vom 17.06.2008, das von einer Erstattungspflicht von "Kosten der Rechtsverfolgung" ausgehe (Rn. 30).
Auch bei der von der Klägerin von Anfang an angenommenen und nun vom BSG ebenfalls zugrundegelegten Rechtsfigur der gesetzlichen Auftragsverwaltung stehe ihr der Klägerin gegenüber das Bestimmungsrecht gemäß §§ 93, 89 Abs. 5 SGB X zu, mit dem sie die Klägerin zur Verfolgung von Regressansprüchen aufgefordert habe.
Den darüber hinaus strittig gewesenen Rechnungsbetrag in Höhe von ca. 2.000,00 Euro an Kosten für die Einholung von MDK-Gutachten hatte die Beklagte während des Klageverfahrens nach Auswertung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.06.2008 anerkannt.
Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch zu, § 264 Abs. 7 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V), § 91 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X).
Die Beklagte ist nicht berechtigt, den in der Höhe unstreitigen Betrag von 27.648,54 Euro zurückzuhalten. Für ein entsprechendes Zurückbehaltungs- oder Aufrechnungsrecht ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich und darüber hinaus kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin zur Verfolgung und Durchsetzung von Regressansprüchen verpflichtet ist.
1.
Selbst wenn der der Zahlungsverweigerung der Beklagten zugrundeliegende Standpunkt - die...