Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des SG Düsseldorf vom 7.4.2011 - S 27 R 1952/10, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die rückwirkende Gewährung einer Rente streitig.
Der am ... 1930 in L... geborene Kläger ist anerkannter Verfolgter des Nationalsozialismus und hat eine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) erhalten. Er besitzt heute die israelische Staatsangehörigkeit. Am 23.12.1991 beantragte er erstmals bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) die Gewährung eine Altersrente unter Berücksichtigung von im Ghetto L... zurückgelegten Beitragszeiten. Dies lehnte die BfA mit Bescheid vom 14.09.1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.1994 ab. Auch ein Überprüfungsantrag blieb ohne Erfolg (Ablehnungsbescheid vom 14.11.1996), ebenso ein erneuter Rentenantrag vom 05.05.1998 (Bescheid vom 25.02.1999, Widerspruchsbescheid vom 18.10.1999). Schließlich beantragte der Kläger am 03.12.2002 die Zahlung einer Rente auf der Grundlage des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). Diesen Antrag lehnte die BfA zunächst wegen fehlender Mitwirkung des Klägers ab. Der Kläger widersprach und machte geltend, in der Zeit von 1940 bis zum 18.01.1945 im Ghetto L gegen einen kleinen Lohn Fleischerarbeiten verrichtet zu haben. Diesem Antrag entsprach die Beklagte, an die der Vorgang zwischenzeitlich zuständigkeitshalber abgegeben worden war, z.T. mit Bescheid vom 21.11.2005 und gewährte dem Kläger Altersrente ab dem 01.07.1997, für die Zeit ab dem 01.01.2006 seien 79,54 € zu zahlen, die Nachzahlung für die Zeit vom 01.07.1997 bis 31.12.2005 betrage 8.134,69 €. Die Beklagte berücksichtige u.a. Ghetto-Beitragszeit vom 01.10.1942 bis 20.08.1944. Hiergegen erhob der Kläger keine Rechtsmittel.
Am 03.09.2009 beantragte er bei der Beklagten die Überprüfung seiner Rente und begehrte die Berücksichtigung weiterer Ghetto-Beitragszeiten vor dem 30.09.1942, ferner die Berücksichtigung weiterer Ersatzzeiten. Auch diesem Antrag entsprach die Beklagte zum Teil und stellte die Altersrente des Klägers mit Bescheid vom 09.02.2010 unter Berücksichtigung weiterer Ghetto-Beitragszeit für die Zeit vom 01.05.1940 bis 30.09.1942 und unter Berücksichtigung weiterer Ersatzzeiten vom 19.01.1946 bis 31.12.1949 neu fest. Für die Zeit ab dem 01.03.2010 seien 262,43 € zu zahlen, die Nachzahlung für die Zeit vom 01.01.2005 bis 28.02.2010 betrage 9.794,21 €. Für die Zeit davor sei die (höhere) Rente nicht zu gewähren, da bei der Rücknahme von Bescheiden die Leistung längstens für einen Zeitraum bis zu 4 Jahren vor der Rücknahme erbracht werde.
Der Kläger widersprach dem festgesetzten Zahlungsbeginn zum 01.01.2005. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2010 zurück (Abvermerk: 28.05.2010). Bei Überprüfungsentscheidungen sei die Leistung nur rückwirkend für die letzten 4 Jahre zu erbringen. Das folge aus § 44 Abs. 4 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X), dessen anspruchsvernichtende Wirkung auch dann eintrete, wenn der Versicherungsträger bei Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsaktes schuldhaft gehandelt habe. Diese Vorschrift stelle eine ausgewogene Gesamtregelung dar, die zwischen dem Interesse des Einzelnen an einer möglichst vollständigen Erbringung der ihm zu Unrecht vorenthaltenen Sozialleistung einerseits und dem Interesse der Solidargemeinschaft aller Versicherten an einer möglichst geringen finanziellen Belastung mit Ausgaben für zurückliegende Zeiträume andererseits vermittle. Das BSG halte die Vorschrift für verfassungsmäßig. Die Beklagte sehe keinen Anlass, § 44 Abs. 4 SGB X in ZRBG-Fällen nicht anzuwenden. Insbesondere erfolge die Anwendung der Vorschrift nicht gleichheitswidrig, da alle Betroffenen rückwirkend Leistungen für maximal 4 Jahre erhielten. Auch das ZRBG enthalte keine abweichende Regelung und bestimme nur für die bis zum 30.06.2003 gestellten Anträge die Rückwirkung zum 01.07.1997.
Mit seiner am 02.07.2010 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er ist der Auffassung, die neu festgestellte Rente sei unter Berücksichtigung von § 3 ZRBG ab dem 01.07.1997 zu zahlen. Demgegenüber könne sich die Beklagte nicht auf die 4-jährige Ausschlussfrist aus § 44 Abs. 4 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) berufen, da sie ihn in rechtswidriger Weise benachteiligt habe und ein Rückgriff auf die vorgenannte Vorschrift rechtsmissbräuchlich wäre. Die Beklagte treffe ein Verschulden daran, dass nicht bereits früher weitere Ghetto-Beitragszeiten berücksichtigt worden seien, dieses Verschulden schließe unter Berücksichtigung seiner NS-Verfolgung die Anwendung von § 44 Abs. 4 SGB X. Die Rentenablehnung sei von Anfang an rechtswidrig erfolgt, das maßgebliche Recht (ZRBG) sei nicht geändert worden und die jetzt erfolgte Rentengewährung sei auch keiner Änderung der Rechtsprechung geschu...