Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnungsfähigkeit einer intensivmedizinischen stationären Komplexbehandlung im Krankenhaus
Orientierungssatz
1. Die Höhe der Vergütung für die stationäre Behandlung eines Versicherten in einem zugelassenen Krankenhaus bemisst sich nach § 109 Abs. 4 S. 3 SGB 5 entsprechend dem diagnose-orientierten Fallpauschalensystem.
2. Zur Abrechnung des OPS-Kode 8-980 - intensivmedizinische Komplexbehandlung - ist u. a. eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation erforderlich.
3. Dies bedeutet, dass der Arzt ständig auf der Intensivstation anwesend sein muss. Das ist dann nicht der Fall, wenn dieser neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle des Krankenhauses weitere Aufgaben zu erfüllen hat.
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin 12.578,92 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.12.2011 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 12.578,92 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Vergütung einer Krankenhausbehandlung in Höhe von 12.578,92 Euro.
Der bei der Klägerin Versicherte B T1, wurde der in der Zeit vom 24.05.2007 bis 27.07.2007 stationär in dem von der Beklagten betriebenen, für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen (§ 108 SGB V) Krankenhaus in T2 behandelt. Die Behandlung erfolgte wegen Krankheiten und Störung des Nervensystems auf der Intensivstation. Die im Jahr 2007 von der Beklagten gestellte Rechnung wurde seitens der Beklagten zunächst erstattet. Die Beklagte codierte als Prozedur u.a. den OPS-Kode 8-980* (intensivmedizinische Komplexbehandlung).
Im Zusammenhang mit einem anderen Abrechnungsfall begutachtete der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) das Haus der Beklagten in T2 am 14.01.2010. In seiner Stellungnahme vom 06.04.2010 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass die strukturellen Merkmale des OPS 8-980 Kode formal nicht erfüllt seien. Nicht in allen Fällen sei eine kontinuierliche ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation gewährleistet. Die Intensivstation sei bis zum Eintreffen des Hintergrunddienstes, bzw. bis zur Rückkehr des auf der Intensivstation diensthabenden Anästhesisten, der seine Patienten kenne, dann nicht ärztlich besetzt, wenn eine Reanimation auf einer anderen Station durchgeführt werden müsse, wenn ein dringendes Prämedikationsgespräch im Kreissaal oder in der Ambulanz erforderlich sei, wenn eine Notsektion im OP anstehe oder wenn ein Notfallpatient im Schockraum dringend versorgt werden müsse. Ferner erscheine es fraglich, ob dem Hintergrunddienst allein über telefonische Information der jeweils aktuelle Kenntnisstand aller auf der Intensivstation behandelnden Patienten, insbesondere der Neuaufnahmen nach der Übergabevisite, die er noch nicht gesehen habe, vermittelt werden könne, und dass er damit bei einem Einsatz in Rufbereitschaft die aktuellen Probleme aller Patienten der Intensivstation kennen könne.
Mit Schreiben vom 03.05.2010 teilt die Klägerin der Beklagten das Ergebnis der MDK-Begutachtung mit und bat um Rechnungskorrektur bereits abgerechneter Fälle. Diese Rechnungskorrektur lehnte die Beklagte ab.
Die Klägerin hat am 27.12.2011 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, aufgrund der Einschätzung des MDK hinsichtlich der strukturellen Voraussetzungen sei es nicht möglich, der Beklagten eine Vergütung für den OPS-Kode 8-980 zu gewähren. Die ständige Anwesenheit eines Arztes, die der Kode voraussetze, meine nicht, dass der auf der Intensivstation tätige Anästhesist neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle des Krankenhauses planmäßig weitere Aufgaben erfüllen müsse. So sei die Voraussetzung für die Kodierung nicht erfüllt, wenn der anwesende Arzt gleichzeitig Aufgaben auf anderen Hauptstationen wahrnahmen müsse.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, 12.578,92 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass seitens der Klägerin bereits kein schlüssiger Vortrag vorliege. So ziehe die Klägerin unzulässige Schlussfolgerungen aus der Begehung des Hauses der Beklagten im Jahr 2010. Sie könne sich insoweit nicht darauf berufen, dass diese Umstände bereits auch im Jahr 2007 vorgelegen hätten. Zudem verstoße die Klägerin gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, hier insbesondere das Beschleunigungsgebot. So liege der hier abgerechnete Fall im Jahr 2007, und eine Erstattung werde seitens der Klägerin erst im Jahr 2010 geltend gemacht. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu nachträglichen Korrekturen von Krankenhausabrechnungen seitens der Krankenhäuser seien die Korrekturmöglichkeiten wegen des Grundsatzes der Waffengleichheit bis zum Ende des ablaufe...