Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Anwaltskosten im Widerspruchsverfahren. Erhöhung der Geschäftsgebühr. anwaltliche Tätigkeit. Schwierigkeitsgrad. Vertragsarztrecht. Wirtschaftlichkeitsprüfung
Orientierungssatz
1. Die Kammer geht davon aus, dass kein gefestigter Rechtsgrundsatz dahingehend besteht, dass Angelegenheiten des Vertragsarztrechts generell als schwierig anzusehen sind mit der Folge, dass stets ein mehr als 1,3-facher Gebührensatz bei der Geschäftsgebühr gerechtfertigt wäre. Entscheidend ist allein die Beurteilung der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im konkreten Einzelfall.
2. Um in Verfahren, die die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Leistungserbringung zum Gegenstand haben, eine zuverlässige Beurteilung der Rechtslage vornehmen zu können, muss der Rechtsanwalt über umfassende Kenntnisse von den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB 5 verfügen oder sich diese zumindest erarbeiten. Er muss sich dazu insbesondere in die umfangreiche Rechtsprechung einlesen bzw diese verfolgen und die dort aufgestellten Rechtssätze auf den konkreten Fall anwenden. Dies wiederum setzt eine eingehende Kenntnis ua von dem Leistungsspektrum der geprüften Vertragsarztpraxis und der Vergleichsgruppe voraus und erfordert in der fallbezogenen Umsetzung tiefgehendes Verständnis über die relevanten Zusammenhänge. .
Tenor
Unter Abänderung des Bescheides vom 25.06.2007 wird der Beklagte verurteilt, den Klägerinnen (weitere) 134,71 EUR Kosten zu erstatten. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der zu erstattenden Rechtsanwaltskosten im Widerspruchsverfahren.
Die Klägerinnen sind in allgemeinärztlicher Gemeinschaftspraxis in L niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Bescheid vom 24.10.2006 setzte der Prüfungsausschuss gegen sie für das Quartal 2/2006 Honorarkürzungen im Wege der Wirtschaftlichkeitsprüfung in den Sparten "Arztgruppenspezifische Leistungen" (160.931,46 Punkte) und "Arztgruppenübergreifende allgemeine Leistungen" (191.836,16 Punkte) fest, wobei er die Leistungen auf den Vergleichsgruppendurchschnitt + 50 % kürzte.
Gegen diesen Bescheid legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen Widerspruch ein. Zur Begründung trug er mit Schriftsatz vom 03.11.2006 vor, der Bescheid sei in seiner Allgemeinheit nicht nachzuvollziehen und lasse eine intellektuelle Überprüfung der statistischen Auswertung vermissen. Es liege ein Ermessensfehler insoweit vor. Mit weiterem Schriftsatz vom 16.11.2006 ergänzte er die Widerspruchsbegründung dahin, der Ausschuss habe offensichtlich übersehen, dass die beiden Ärztinnen das Haus T, ein Altersheim mit schwer erkrankten Rentnern, betreuten. Der Rentneranteil übersteige den der Fachgruppe mit 82 %. Eine Spartenprüfung sei insoweit nicht ausreichend. Es hätte differenziert eine intellektuelle Überprüfung stattfinden müssen. Weiter reiche die Restüberschreitung von 50 % bei einer Sparte nicht aus. Soweit der Ausschuss eine eingehendere Stellungnahme vorgelegt haben möchte, werde um einen Hinweis gebeten. Er gehe andererseits aber davon aus, dass das spezielle Patientenklientel und die Diagnosen aus den Abrechnungsscheinen ersichtlich seien.
Mit Schreiben vom 22.11.2007 und 31.01.2007 wies der Beklagte den Bevollmächtigten der Klägerinnen auf die Darlegungs- und Beweislast zu Praxisbesonderheiten und kompensatorischen Einsparungen hin und machte darauf aufmerksam, dass neben den beiden gekürzten Leistungssparten auch zahlreiche Einzelpositionen des EBM Unwirtschaftlichkeit begründen könnten. Dabei gab er ihm jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme. Unter dem 12.02.2007 bat der Bevollmächtigte der Klägerinnen darum, den Widerspruch vom 16.11.2006 positiv zu bescheiden oder die Sache zu terminieren.
In der Sitzung des Beklagten am 15.05.2007, bei welcher der Bevollmächtigte der Klägerinnen anwesend war, erklärten zwei beisitzende Mitglieder des Beklagten für die antragstellenden Krankenkassen vor Aufruf der Sache die Rücknahme des Prüfantrages. Der Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 12.06.2007 den Bescheid des Prüfungsausschusses auf.
Mit weiterem Bescheid vom 24.05.2007 verfügte er, dass der Gemeinschaftspraxis die notwendigen Kosten ihrer Rechtsverteidigung im Widerspruchsverfahren nach einem Gegenstandswert von 14.058,14 EUR zu 100 % zu erstatten seien, und erklärte die Zuziehung eines Rechtsanwaltes für erforderlich.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.06.2007 setzte er die an die Klägerinnen zu erstattenden Kosten auf 951,76 EUR fest. Dabei kürzte er den geltend gemachten 1,5-fachen Satz der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) auf den 1,3-fachen Satz: Eine Gebühr von mehr als 1,3 könne nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Dies sei bezüglich des in Rede stehenden Sachverhalts hinsichtlich der erforderlichen und e...