Entscheidungsstichwort (Thema)
Absenkung bzw Wegfall des Arbeitslosengeld II. Verletzung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung. Anforderung an die Rechtsfolgenbelehrung
Orientierungssatz
1. Die nach § 31 Abs 1 S 1 SGB 2 erforderliche Belehrung über die Rechtsfolgen hat Warn- und Erziehungsfunktion; sie darf nicht in einer bloßen Formalie oder formelhaften Wiederholung des Gesetzestextes erschöpfen und muss darüber hinaus konkret, eindeutig, verständlich, verbindlich und zutreffend die unmittelbaren und konkreten Auswirkungen eines bestimmten Handelns vor Augen führen. Ihrem Inhalt nach muss sie über die Absenkung bzw den Wegfall als solchen belehren, sowie auf die Rechtsfolgen nach § 31 Abs 6 SGB 2, also Beginn, Dauer und den Ausschluss von ergänzenden Sozialhilfeleistungen nach dem SGB 12 hinweisen. Nicht hinreichend sind in der Vergangenheit erteilte Belehrungen oder allgemeine Merkblatthinweise (vgl LSG Essen vom 19.10.2006 - L 1 B 29/06 AS).
2. Abzustellen ist demnach auf diejenige Rechtsfolgenbelehrung, die der Grundsicherungsträger dem Hilfebedürftigen vor Eintritt der potentiellen Pflichtverletzung zuletzt erteilt hat.
Nachgehend
Tenor
Die Bescheide der Beklagten vom 21.02.2007 (Sanktionsbescheid nach § 31 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) und Änderungs- und Aufhebungsbescheid bezüglich der Leistungsbewilligung) werden aufgehoben.
Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Sanktionierung in Form einer Leistungsbeschränkung im Rahmen des Leistungsbezugs der Klägerin nach dem SGB II.
Die am 00.00.1986 geborene Klägerin steht seit Juni 2005 im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bei der Beklagten.
Am 13.10.2006 schlossen Klägerin und Beklagte eine schriftliche Eingliederungsvereinbarung mit Gültigkeit bis zum 05.04.2007 mit dem Ziel der beruflichen Integration der Klägerin ab.
Inhalt der Vereinbarung war das Angebot einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung durch die Beklagte an die Klägerin und die Finanzierung des Projektes "Job for Junior" der Diakonie S für den Zeitraum 01.10. - 31.01.2007 durch die Beklagte sowie die Verpflichtung der Klägerin, u.a. regelmäßig und zuverlässig am Projekt "Job for Junior" teilzunehmen und sich im Krankheitsfall unverzüglich beim Maßnahmenträger sowie in der Einrichtung, in der sie die Arbeitsgelegenheit absolviert, abzumelden.
Die Vereinbarung enthielt folgende - hier wörtlich wiedergegebene -
"Rechtsfolgenbelehrung:
Mir ist bekannt, dass ich nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zwar eine Förderung beanspruchen kann, daneben aber in erster Linie selbst gefordert bin, konkrete Schritte zur Beseitigung meiner Hilfebedürftigkeit zu unternehmen. Ich bin verpflichtet, mich selbständig zu bemühen, meine Erwerbslosigkeit zu beenden und aktiv an allen Maßnahmen mitzuwirken, die dieses Ziel unterstützen. Das Gesetz sieht bei pflichtwidrigem Verhalten unterschiedliche Leistungskürzungen vor. Die Leistung kann danach - auch mehrfach nacheinander oder überschneidend - gekürzt werden oder ganz entfallen.
Grundpflichten 1. Eine Verletzung Ihrer Grundpflichten liegt vor, wenn Sie sich weigern eine Ihnen angebotene Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II abzuschließen, die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, ein zumutbares Sofortangebot oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen oder oder Sie eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit abbrechen oder Anlass für den Abbruch geben. 2. Bei einer Verletzung der Grundpflichten wird das Arbeitslosengeld II um 30% der für Sie maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 20 SGB II abgesenkt. Ein eventuell bezogener Zuschlag nach § 24 SGB II (Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld) entfällt für den Zeitraum der Minderung. 3. Haben Sie das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet, wird das Arbeitslosengeld II im Fall der in Punkt 1. genannten Pflichtverletzungen auf die Leistungen nach § 22 SGB II (Leistungen für Unterkunft und Heizung) beschränkt. Diese sollen direkt an den Vermieter oder sonstigen Empfangsberechtigten gezahlt werden. Meldepflicht 4. Eine Verletzung der Meldepflicht nach § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III liegt vor, wenn Sie der Aufforderung Ihres zuständigen Trägers der Grundsicherung, sich persönlich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nachkommen. 5. Bei einer Verletzung der Meldepflicht wird das Arbeitslosengeld II um 10% der für Sie maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §...