Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander. Ausschlussfrist. Notwendigkeit der Angabe der ungefähren Größenordnung des Erstattungsanspruchs
Orientierungssatz
Der Erstattungsanspruch nach § 105 Abs 1 SGB 10 muss derart geltend gemacht werden, dass für den Erstattungsverpflichteten zumindest ersichtlich ist, in welcher ungefähren Größenordnung Erstattungsansprüche auf ihn zukommen.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Die Verfahrenskosten werden der Klägerin auferlegt. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Erstattungsanspruch in Höhe von 339,70 Euro und insbesondere über die Frage, ob der Erstattungsanspruch von der Klägerin frist- und formgerecht gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden ist.
Die gesetzlich Krankenversicherte T X war in der Zeit vom 27.05.2003 bis zum 01.02.2004 bei der Beklagten familienversichert. In diesem Zeitraum hatte sie noch Leistungen von der Klägerin erhalten, u.a. durch die Vergütung von Arzneimitteln.
Am 16.08.2004 erhielt die Klägerin Kenntnis von der Familienversicherung der Versicherten bei der Beklagten. Die Beklagte hatte die Voraussetzungen der Familienversicherung am 18.08.2004 erfasst, geprüft und bejaht. Eine Versicherungskarte ist der Versicherten nicht ausgestellt worden.
Mit Schreiben vom 20.09.2004 wandte sich die Klägerin zur Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs gemäß § 105 SGB X an die Beklagte. Sie formulierte das Schreiben wie folgt: "Nach unseren Informationen war Frau T X vom 27.05.2003 bis 01.02.2004 bei Ihrer Kasse versichert. Es wurden jedoch weiterhin Leistungen durch uns zur Verfügung gestellt. Hiermit melden wir vorsorglich den Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X an. Wir bitten um kurze Bestätigung, dass Sie unseren Erstattungsanspruch erhalten haben." Mit Schreiben vom 18.01.2005, 11.03.2005 und 08.07.2005 gab die Klägerin gegenüber der Beklagten die entstandenen und beanspruchten Kosten konkret an und schränkte ihre Forderung auf die Erstattung von Kosten für die folgende Versorgung mit Arzneimitteln ein:
Arzneimittelverordnung vom 10.10.2003: 28,91 Euro, Arzneimittelverordnung vom 02.12.2003: 172,85 Euro, Arzneimittelverordnung vom 12.12.2003: 137,94 Euro, insgesamt: 339,70 Euro.
Die Beklagte lehnte die Erstattung des geltend gemachten Betrages mit Schreiben vom 19.01.2005 mit der Begründung ab, dass der Erstattungsanspruch nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 111 SGB X wirksam geltend gemacht worden sei. Ein außergerichtlicher Schriftwechsel der Beteiligten führte zu keiner Einigung. Die Klägerin hat Klage erhoben, mit der sie die Erstattung der 339,70 Euro geltend macht. Die mit Schreiben vom 20.09.2004 erfolgte Anmeldung sei fristgerecht und auch ausreichend konkret erfolgt. Höhere Anforderungen an das Geltendmachen würden nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht gestellt und würden dem Ziel der schnellen Abwicklung von Erstattungsansprüchen entgegenstehen. Auch seitens der Beklagten seien bereits Anmeldungen ohne weitere konkrete Angaben erfolgt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin im Wege des Erstattungsanspruchs gemäß § 105 SGB X einen Betrag in Höhe von insgesamt 339,70 Euro zu zahlen, hilfsweise die Sprungrevision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Erstattungsanspruch sei mangels hinreichender Konkretisierung nicht wirksam innerhalb der Ausschlussfrist des § 111 SGB X geltend gemacht worden.
Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze und Unterlagen sowie Verwaltungsakten der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die geltend gemachte Zahlung von 339,70 Euro. Denn der zwischen den Beteiligten unstreitige Erstattungsanspruch gemäß § 105 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) ist gemäß § 111 Satz 1 SGB X ausgeschlossen. Die Klägerin hatte den Erstattungsanspruch nicht innerhalb der 12-Monats-Frist nach Leistungserbringung, d.h. bis spätestens zum 12.12.2004 im Sinne des § 111 SGB X wirksam geltend gemacht. Die Ausschlussfrist ist mit den Zeitpunkten der Leistungserbringung (10.10.2003, 02.12.2003, 12.12.2003) in Gang gesetzt worden; auch unter Berücksichtigung von § 111 Satz 2 SGB X und dem Umständen, dass die Beklagte die Familienversicherung offensichtlich erst im Sommer 2004 dem Grunde nach anerkannt hat und dass das damit verbundene Nicht-Ausstellen einer Versicherungskarte innerhalb der Zeit der Mitgliedschaft möglicherweise Veranlassung dazu gegeben hat, dass die Versicherte ihre alte Versicherungskarte der Klägerin weiterhin benutzt hat. Unter Zurückstellung von Bedenken, ob die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der Intention des Gesetzgebers zur Schaffung des § 111 Satz 2 SGB X gerecht wird, ist die erkennende Kammer dieser in wiederholten Entscheidungen entwickelten stän...